Julian Pölsler verfilmt Literatur und blickt nach Hollywood

INTERVIEW MIT REGISSEUR JULIAN POELSLER
INTERVIEW MIT REGISSEUR JULIAN POELSLERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Er lässt „Polt“ gemächlich durch das Weinviertel radeln, war mit „Die Wand“ für den Oscar vorgeschlagen – und doch bescheiden: Julian Pölsler.

Natürlich hat den „Polt“ Autor Alfred Komarek erfunden. Doch dieser wortkarge Grübler, der durch die Kellergassen radelt und den Weinviertler Verbrechern das Handwerk legt, hat noch einen zweiten Vater: Regisseur Julian Roman Pölsler hat dem gemächlichen und gutgläubigen Gendarmen mit dem hintergründigen Humor auch ein Fernsehgesicht gegeben. Am 28.Dezember um 20.15 Uhr ist Erwin Steinhauer – zehn Jahre nach der letzten „Polt“-Verfilmung „Polterabend“ – wieder in dieser Paraderolle zu sehen. Er war es, der Pölsler im Jahr 2000 bei der Verleihung des Bayerischen Fernsehpreises (für den Zweiteiler „Der Schandfleck“) ansprach und fragte, ob er denn Komareks Kriminalromane gelesen habe. Mit diesem Simon Polt, der eine Rolle abgibt, die Steinhauer wie auf seinen Leib geschrieben war – und die ihm mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist, wie Pölsler am Rande der ORF-Präsentation erzählt: „Der Erwin ist einfach großartig! Wie ein guter alter Wein ist er in den zehn Jahren gereift.“

Geändert hat sich in der Zusammenarbeit zwischen den beiden nichts: „Ich habe versucht, den Polt und den Steinhauer osmotisch zu machen.“ Steinhauer jedenfalls scheint den Polt'schen Charakter in sich aufgesogen zu haben und hat wiederum seinerseits diese Figur geprägt. Mittlerweile, sagt Pölsler, hätten er und sein Hauptdarsteller schon so etwas wie eine Geheimsprache entwickelt: „Wenn ich sage: ,Mach es politischer‘, dann weiß er schon, was ich meine.“

Wie er denn so ist, sein Polt? „Dieser Mann ist so wehrlos und trotzdem so zielgerichtet und kräftig.“ Doch nicht nur vor ihm hat Pölsler Respekt. Auch die anderen Personen, die Komarek in seinen Kriminalromanen auftreten lässt, haben ihn fasziniert: „Ich habe im Verlauf der Arbeit gemerkt, wie stimmig Komarek diese Figuren angelegt hat.“ Ihm selbst gebühre immer nur ein kleiner Teil des Applauses, meint der Regisseur – der Rest stehe den Autoren und den Schauspielern zu. Noch dazu, wenn man bei der Auswahl eine so gute Hand hat wie er beim neuen „Polt“ – darunter Fritz Karl als verschlossener Dorfpolizist, Elisabeth Orth als grantelnde Gemischtwarenhändlerin und Simon Schwarz als neurotischer Ermittler Priml.

Er versuche immer, den Intentionen des jeweiligen Autors gerecht zu werden, zeigt sich Pölsler bescheiden. Auch bei Marlen Haushofers Roman „Die Wand“, der sich mit grundlegenden Fragen der Existenz auseinandersetzt und folglich „kein leichter Stoff“ ist. Trotzdem hatte Pölsler damit großen Erfolg – nicht nur in österreichischen und deutschen Kinos, sondern auch international: „Egal, wo, sogar in Bombay. Bei jedem Festival waren die Leute begeistert. Marlen Haushofer berührt etwas in den Menschen: Es geht um Hoffnungen, Sehnsüchte und Liebe.“

„Gewinne mit dem nächsten Film“

85.000 Besucher zählte „Die Wand“ in österreichischen Kinos, fast 400.000 waren es in Deutschland. „Das ist viel für einen österreichischen Film“, sagt der Regisseur. In 16 Länder wurde seine Inszenierung mittlerweile verkauft – und ging als österreichischer Anwärter auf den Auslands-Oscar in Hollywood ins Rennen. Wie am Freitagabend bekannt wurde, ist "Die Wand" aber nicht mehr im Rennen.

„Ich sehe meine Chancen auf den Oscar bei null“, sagte Pölsler zuvor bescheiden – schließlich habe im Vorjahr mit Michael Hanekes „Amour“ („Liebe“), schon ein Österreicher gewonnen. „Aber das macht mir nichts, weil ich den Auslands-Oscar sowieso mit meinem nächsten Film gewinne.“ Und der wäre? „Ich arbeite schon wieder an einer Literaturverfilmung, der Stoff ist wieder von einer Autorin und genauso wuchtig wie ,Die Wand‘. Aber mehr kann ich noch nicht sagen.“

ZUR PERSON

Julian Roman Pölsler (*1954) ist Autor, Film- und Opernregisseur. Pölsler studierte an der Filmakademie Wien (Max-Reinhardt-Seminar) sowie am Institut für kulturelles Management. Er war Regieassistent bei Axel Corti, drehte ab 1982 eigene Filme. Von 2000 bis 2003 entstanden vier „Polt“-Filme nach Krimis von Alfred Komarek, am 28.12. (20.15h, ORF2) kommt der fünfte ins Fernsehen. Mit der Verfilmung von Marlen Haushofers „Die Wand“ wurde er von Österreich für den Auslands-Oscar vorgeschlagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2013)

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