„Ich habe jetzt mehr Kontrolle“

„Das Internet gibt jeder Frau eine Stimme“: Schauspielerin Felicity Jones.
„Das Internet gibt jeder Frau eine Stimme“: Schauspielerin Felicity Jones. (c) REUTERS (Mario Anzuoni)
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Die Britin Felicity Jones ist derzeit in „Die Berufung“ als Frauenrechtsikone Ruth Bader Ginsburg zu sehen. Die Schauspielerin über ihr Treffen mit der heute 85-jährigen Richterin, Frauen in Hollywood und warum viele Frauen Twitter viel verdanken.

In Hollywood ist die 35-jährige Britin ein ziemlich beschriebenes Blatt, seit sie in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ Stephen Hawkings Frau Jane gespielt und in „Rogue One“ die Star-Wars-Fans begeistert hat. Felicity Jones setzt nun einer der unnachgiebigsten Feministinnen in „Die Berufung – Ihr Kampf um Gerechtigkeit“ ein filmisches Denkmal: Ruth Bader Ginsburg. Sie wurde zur Ikone, nicht nur der Frauenbewegung, sondern der Gerechtigkeit. Heute ist sie 85 Jahre alt, Richterin am Obersten Gerichtshof in Washington und eine Frau, der jede Frau etwas zu verdanken hat.

Felicity, wofür bewundern Sie Ruth Bader Ginsburg – neben ihrer Willensstärke?

Felicity Jones: Mich beeindruckt ihre unerschütterliche Sturheit. Sie kämpfte immer weiter, obwohl sie permanent mit Hindernissen konfrontiert wurde und ihr alle Türen vor der Nase zugeschlagen wurden. Ruth kommt aus sehr bescheidenen Verhältnissen und hat keine besondere Verbindung zur Rechtsprechung gehabt. Trotzdem hat sie innerhalb weniger Jahre das US-Rechtssystem umgestaltet. Diese kleine Frau ist der lebende Beweis dafür, dass man Großes tun kann.

Ruth hatte einen extrem emanzipierten Mann, der sie immer unterstützte. Ist so ein Bilderbuchmann nicht zu schön, um wahr zu sein?

Nein – die beiden hatten tatsächlich diese Dynamik in ihrer Ehe: Sie haben sich nie als Konkurrenz gesehen, keiner hat sich durch den Erfolg des anderen bedroht gefühlt. Ruth und Marty standen auf der gleichen Seite.

Sie haben sie persönlich kennengelernt. Wie fühlt es sich an, eine so einflussreiche Person zu porträtieren?

Ich war vor unserem Treffen in Washington wahnsinnig nervös und kurzatmig, ich hatte richtig Angst, dass mir diese Herausforderung über den Kopf wächst. Interessanterweise sind wir beide von Natur aus eher schüchtern . . .

Und das brach das Eis?

Wir waren auf einer Wellenlänge, ohne viel sagen zu müssen. Mir war wichtig, dass sie mir vertraut. Denn ich wollte sie nicht kopieren, sondern ihr Wesen treffen, ihre kleinen Besonderheiten, ihre Menschlichkeit und ihre persönlichen Schwierigkeiten einbeziehen. Ich war so happy, dass sie mich als ihr Alter Ego akzeptiert und unterstützt hat.

Was macht sie für Sie persönlich zur Heldin?

Dass sie sich nie aufhalten lässt. Es ist nicht leicht auszuhalten, wenn dein Mann Krebs bekommt, du seine Vorlesungen mitstenografierst und auch noch ein Baby großziehst. Und dann stellt dich trotz Bestnote keine Kanzlei an – weil du eine Frau bist. Die meisten wären zusammengebrochen oder doch Yogalehrer geworden oder so. (lacht)Es geht Ruth nie um Geld oder ihr Ego, sondern immer nur um das Richtige und Gute – und das ist so rar. Besonders jetzt – in unserer Zeit scheinen nicht einmal unsere politischen Führungskräfte noch Prinzipien zu haben!

Bill Clinton hatte sie 1993 als Richterin für den Obersten Gerichtshof nominiert, Barack Obama zwei weitere Frauen. Glauben Sie, dass eine Frau wie Ruth heute noch in dem Supreme Court berufen werden würde?

Hoffentlich schon, so sehr können wir doch nicht in der Zeit zurückgefallen sein!

Nicole Kidman hat angekündigt, regelmäßig mit Regisseurinnen zu arbeiten, um die Frauen der Branche zu unterstützen.

Die #Metoo-Debatte hat gezeigt, wie wenig transparent die Machtstrukturen sind und wie wenig sicher die Umgebung ist, in der die Frauen ihrem Beruf nachgehen. Jahrelang waren wir Frauen am Set in der Minderheit. Ich will sehen, wie sich das jetzt ändert, und zwar schnell.

Warum verändert sich gerade jetzt so viel?

Ich glaube, das hängt mit dem Wandel der Technologie zusammen. Die digitale Welt schafft Transparenz. Man wusste nie, was sich hinter den verschlossenen Türen von Hollywood abspielt. Jetzt werden diese Strukturen aufgebrochen. #MeToo konnte nur durch Twitter funktionieren. In unserer hierarchischen Branche hatten Frauen früher nicht den Status, um gehört zu werden. Jetzt gibt das Internet jeder Frau eine Stimme.

Was hat sich seit dem Erfolg von „Rogue One: A Star Wars Story“ für Sie verändert?

Ich habe mehr Kontrolle über meine Karriere, mehr Einfluss, und kann daher die wichtigen kleinen Geschichten besser unterstützen.

Steckbrief

1983
kommt Felicity Jones in Birmingham auf die Welt, wo sie auch aufwächst. Später studiert sie in Oxford Literatur und spielt in ersten Theaterstücken.

2001
Für ihre Rolle in „Like Crazy“ wird sie u.a. am Sundance Film Festival ausgezeichnet.

2015
Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin für „Die Entdeckung der Unendlichkeit“.

2016
ist sie in „Rogue One: A Star Wars Story“ als Rebellin Jyn Erso zu sehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2019)

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