Frühe Freunde der Blasmusik

Federspiel-Klarinettist Frédéric Alvarado-Dupuy (l.) und Trompeter Philip Haas.
Federspiel-Klarinettist Frédéric Alvarado-Dupuy (l.) und Trompeter Philip Haas.(c) Mirjam Reither
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Federspiel feiern ihr 15-Jahr-Jubiläum. Frédéric Alvarado-Dupuy und Philip Haas über Teenagertage und ihre Kapelle als musikalisches Mischwesen.

Wer das 15-Jahr-Jubiläum von Federspiel mit den Geburtsdaten seiner Mitglieder in Verbindung bringt, mag kurz ins Grübeln kommen. Oder ins Nachrechnen. Aber ja: Die Mitglieder des siebenköpfigen Bläserensembles, kürzlich in der Hamburger Elbphilharmonie zu Gast, waren damals wirklich erst Teenager.

Philip Haas, geboren „kurz nach Heiligabend 1987“, zählte zu den Ältesten. Als einziger mit einem L17-Führerschein ausgestattet, habe er seine Kollegen immer führen müssen, erinnert sich Bandkollege Frédéric Alvarado-Dupuy. „Eine hochpubertäre Zusammenkunft“ nennt Haas die Anfangstage der Formation. Wobei, die Blüte der Pubertät, die dauere bis heute an. Man ist geneigt, ihm zu glauben, angesichts der vielen Scherze und hungrigen Blicke auf die Speisen, die ringsum im Café Frauenhuber in der Himmelpfortgasse an die Tische serviert werden.

Keimzelle von Federspiel war damals jedenfalls eine Jugendblaskapelle in der Wachau, die man nach dem „Kennst du jemanden, der eine Trompete halten kann?“-Prinzip zu erweitern suchte. Der Salzstadl in Krems bot Bühne und Verpflegung, Tanzgeiger Rudi Pietsch, Stiefvater von Posaunist Matthias Werner, half den jungen Bläsern aus Niederösterreich und Wien bei den Arrangements. Man schrieb das Jahr 2004, „wir waren Schüler, hatten Ferien“, erinnert sich Haas, „es ging uns in erster Linie um die Freundschaft und darum, gemeinsam Musik zu machen. Das Ziel, etwas erreichen zu wollen, hatten wir lang nicht.“

Der Oma zuliebe

Trompeter Haas aus Tulln hatte dabei schon an der Blockflöte seine Vorliebe erkannt. „Jetzt blasts einmal eini“, habe er sich angesichts der Performance der übrigen Volksschüler gedacht. Ein Tag der offenen Tür bei der Blasmusik Tulbing tat ein Übriges, ließ das zeitweilig favorisierte Schlagzeug letztlich in den Hintergrund treten. Für den Wiener Frédéric Alvarado-Dupuy hatte indes die Großmutter die Klarinette ausgesucht. Wenig begeistert, habe er zunächst ihr zuliebe zu spielen begonnen. „Ich war schon immer harmoniebedürftig.“ Irgendwann habe er dann doch eine tiefere Verbindung zu seinem Instrument entwickelt, die Oma schaue sicher glückselig herab.

Während des Studiums verfolgten die Musiker das Projekt Federspiel weiter, was sie in die „absolut einmalige“ Lage versetzte, über eigene Auftrittsmöglichkeiten zu verfügen. Rudi Pietsch hatte sich mit der Zeit zurückgezogen. „Er hat genau gespürt, wann der Zeitpunkt gekommen war, dass man uns allein lassen konnte.“

Jüngstes Album des Ensembles ist „Wolperting“, es meint damit jenen fiktiven Ort, aus dem der Wolpertinger kommt, ein Fabel-Mischwesen mit Anteilen verschiedener Tiere. „Uns hat die Analogie gut gefallen zwischen unserem Zugang zur Musik und diesem Wesen.“ Urig und alpin, aber auch abstrakt und experimentell und aus verschiedenen Komponenten zusammengetragen – Letzteres im Fall ihrer Musik „halt nicht posthum“, sagt Alvarado-Dupuy mit Blick auf jene Tierpräparatoren des 19. Jahrhunderts, die sich einen Spaß daraus machten, Präparate aus Körperteilen unterschiedlicher Tiere an leichtgläubige Touristen zu verkaufen.

Einem seltsamen Wesen widmen Federspiel auch das Stück „Eventyret om Fossegrimen“. Darin geht es um einen musikalischen Wassergeist aus der skandinavischen Folklore. Die Skandinavien-Tour, bei der sie erstmals 24 Stunden Helligkeit erlebt haben, ist den Musikern in guter Erinnerung. „Außer, dass das Bier so teuer war.“

„El Buscapiés“ wiederum spiegelt den Einfluss von Ayac Iuan Jiménez Salvador wider, der Mexikaner der Truppe hat zu dem traditionellen Stück angeregt, in dem auch Tänzer mit Ziegenbeinen eine Rolle spielen. „Xochipitzahuatl“ hingegen ist ein Hochzeitslied. Mit Wurzeln im Nahuatl und seiner österreichischen Interpretation sei das Lied exemplarisch für die potenziell grenzenlose Überlieferung von Volksmusik – und dafür, wie die Musik von Federspiel vor allem in den Anfangsjahren entstanden ist, als man gemeinsam experimentierte. Heute sei es schon aus Zeitgründen öfter so, dass die vier Stückeschreiber unter ihnen fertige Kompositionen in die Probe bringen. „Im Kern“, sagt Alvarado-Dupuy, „sind wir aber immer noch eine Gruppe von Freunden, die gemeinsam Musik machen wollen.“ Der zugehörige Leitspruch, so Haas, gelte bis heute: „Es geht grundsätzlich mal um nix.“

AUF EINEN BLICK

Federspiel ist ein Bläserseptett, bestehend aus Ayac Iuan Jiménez Salvador, Thomas Winalek, Matthias Werner, Philip Haas, Roland Eitzinger, Simon Zöchbauer und Frédéric Alvarado-Dupuy. Das lässig-spielfreudige Repertoire umfasst u. a. heimische, osteuropäische und lateinamerikanische Volksmusik. Zum Jubiläum spielen sie am 15. Mai im Radiokulturhaus und am 16. Mai in Krems, danach u. a. am 19. September im Musikverein zu „70 Jahre Jeunesse“, für das sie die Fanfare geschrieben haben. Alle Termine: www.feder-spiel.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2019)

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