Markus Rogan: „Am Anfang war es fürs Image“

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Markus Rogan bdquoAm Anfang(c) Michaela Bruckberger
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Schwimmer Markus Rogan über Imagepolitur, das Wesen von Charity und sein Engagement für äthiopische Kinder. Für ihn funktioniert Charity in Österreich ganz anders als in Amerika, wo er lebt und trainiert.

Wie Markus Rogans Weihnachten wird? Das entscheidet sich gerade in Dubai. „Wenn ich schlecht schwimme, dann bin ich vier Woche lang depressiv. Es ist unangenehm, du genierst dich, du hast das Gefühl, alles, was du gemacht hast, war umsonst.“ Sollten aber, trotz des mäßigen Auftakts, die entscheidenden zwei Minuten heute bei der Kurzbahn-WM gut gehen, „dann hab ich diesen Glückseffekt über Wochen.“ Beim Weihnachtstreffen mit der Familie in Wien, beim kurzen Skiurlaub, zurück beim Training in den USA.

Und in diesem Sportlerleben soll mehr Platz haben als alles, was dem Training dient? Offenbar. Seit eineinhalb Jahren engagiert sich Markus Rogan für äthiopische Kinder. Klingt verdächtig nach Imagepolitur – und war es auch, antwortet der Sportler auf die Frage. „Am Anfang wollte ich mein Image verbessern, absolut.“

Denn es ist auch ziemlich genau eineinhalb Jahre her, dass Rogan bei der (sportlich verpatzten) Schwimm-WM in Rom mit der „Prügelaffäre“ in einer Disco in Ostia für Negativschlagzeilen gesorgt hat. „Damals war für mich alles mehr oder weniger tot, alle Projektionen waren, dass mich nie wieder jemand unterstützen wird.“

Aus dieser Zeit stammt die Zusammenarbeit mit Tesfaye, einem österreichischen Projekt, das äthiopische Patenkinder vermittelt. Und eigentlich, meint der 28-Jährige, habe die Charity-Organisation erst einmal ihm geholfen. „Sie haben gesagt, uns ist das wurscht, wir glauben an dich.“ Seither war Rogan zweimal in Addis Abeba, „und erst dort habe ich gemerkt, dass es eigentlich um etwas ganz anderes geht. Arme Kinder gibt's so viele, aber wenn man einige von ihnen kennt, dann ist dieses ganze Image-Tamtam vollkommen egal. Das ist denen wurscht, solange du Geld bringst.“ Jenes Geld, mit dem die unterstützten Kinder in die Schule gehen können, mit dem einfache Infrastruktur geschaffen wird.


Und weil letztlich das Ergebnis zähle, stört es Rogan auch, dass Charity in Österreich so ganz anders funktioniere als in Amerika, wo er lebt und trainiert. „In Österreich spenden wir extrem viel, aber die Idee hat trotzdem so einen komischen Nebengeschmack. In Amerika ist es tabu, negativ über Charity zu sprechen, da wird einfach nur viel Geld aufgestellt. In Österreich wird immer irgendeine Hintergrundmotivation erwartet.“ Vielleicht deshalb, weil es die oft auch gibt – siehe Markus Rogan? „Und selbst wenn“, beharrt er. „Es ist doch wurscht, woher das Geld kommt.“

Dass es kommt, dafür legt sich Rogan als Schirmherr von Tesfaye ins Zeug. Selbst beim vorweihnachtlichen Patenelterntreffen im TGI Friday's am Schubertring, bei dem er kurz vor seinem Abflug nach Dubai dabei ist, dreht er unermüdlich seine Runde mit der Spendenbox. Was er macht, das macht er mit Ehrgeiz. Und nüchtern – die emotionalen Schilderungen der Lebensumstände der Kinder überlässt er anderen. Dafür investiert er mehr als ein paar Auftritte mit seinem prominenten Gesicht. Esayas Berhanu-Endeshaw, ein aus Äthiopien stammender Banker und Obmann des Vereins, war sich anfangs „nicht sicher, ob er es ernst meint“. Rogans Umgang mit den Kindern habe ihn überzeugt. Er habe keine Berührungsängste. Und: „Er hackelt auch.“ Gerade arbeitet der Schwimmer daran, für die Organisation in den USA das Spendensiegel zu bekommen.


Doch welcher Erfolg winkt einem Menschen, der seine Leistung sonst an Medaillen misst? „Glückliche Kinder“ sind Rogan zu wenig. „Ich bin so aufgewachsen, ich brauche etwas Messbares. Wie viele Kinder wir unterstützen, wie viel Cash wir herausholen.“ Dazu kommen Ziele wie ein kleines Zentrum gegenüber dem Friedhof, auf dem die Kinder leben. Und auch hier muss Konkurrenzdenken sein. „Welche Charitys sind ein bisschen größer als wir? Und wie holen wir sie ein?“

Auf einen Blick

Tesfaye ist ein Patenschaftsprojekt für äthiopische Kinder. Träger ist ein Verein von Menschen, die Äthiopien nahestehen. Unterstützt werden rund 100 Patenkinder in zwei Armenvierteln von Addis Abeba (Kosten je 27 Euro pro Monat). Ziel ist Bildung, daneben wird mit Sozialprojekten auch die Lebenssituation verbessert. Mit der heurigen Weihnachtsaktion sollen einem Mädchen das Masterstudium ermöglicht und eine zusammengebrochene Toilettanlage erneuert werden. www.tesfaye.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2010)

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