Opernstar: Die Welt der Natalia Ushakova

Opernstar Welt Natalia Ushakova
Opernstar Welt Natalia Ushakova(c) EPA (HERBERT P. OCZERET)
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Natalia Ushakova singt morgen in der Welturaufführung von "Gogol". Privat liebt sie den Naschmarkt und ihre Fotosammlung.

Natalia Ushakova ist ein Wirbelwind. Rauscht ins Theatercafé an der Linken Wienzeile, setzt sich und sprudelt los, mit häufigem Gebrauch ihres Lieblingsworts: „unglaublich.“ Die Reise durch das Leben der Ushakova beginnt bei Gogol und endet irgendwo zwischen Ex-Kanzler Gusenbauer und dicken Katzen.

Aber der Reihe nach: Morgen, Dienstag, singt die Sopranistin aus Taschkent im Theater an der Wien in der Welturaufführung von „Gogol“. Eine durch und durch russische Angelegenheit: Geschrieben von der 38-jährigen russischen Dichterin und Komponistin Lera Auerbach, handelt die Oper von den letzten Lebensjahren Gogols, in denen der russische Schriftsteller zunehmend in religiösem Wahn versinkt. Ushakova gibt darin verschiedene Figuren. „Gogols Mutter, eine Hexe, eine Bettlerin, eine Tussi, eine Puffmutter und einen Geist“, zählt sie auf. Eine Herausforderung: „Ich habe ja vor allem Divenrollen gesungen, war immer auf der Bühne im Vordergrund. Jetzt muss ich auf einmal mit einem Ensemble zusammenarbeiten und immer wieder wechseln.“ Und all das, weil Uraufführung, ohne Vorbild.

„Du kannst keine CD einschalten, du bist ja der einzige Interpret. Ich fühle mich wie Kolumbus!“ Ähnlich wie vor eineinhalb Jahren in China, wo sie, nach Aufhebung des Verbots, die erste Salome war. „Dabei habe ich unglaubliche Angst gehabt, wie die Chinesen reagieren würden, wenn ich mit dem abgeschnittenen Kopf Liebe mache. In der Tosca haben die chinesischen Mädchen, als ich nur gebusselt habe, gekichert, als ob es eine unglaubliche Sexgeschichte wäre!“

Mehr als alles beeindruckt Ushakova aber die Zusammenarbeit mit dem russischen Dirigenten Vladimir Fedoseyev. Er sei für Russen „eine unglaubliche Legende, die Dirigentenfigur Nummer eins“, und der Romeo seiner Frau Olga Fedoseyeva obendrein. „Sie sind noch heute so verliebt, waren es all die schwierigen Jahre in der Sowjetunion hindurch. Große Künstler, große Seelen!“ Über diese Liebe, versichert Ushakova und zeigt ihren Arm („Gänsehaut!“), könne man Bücher schreiben.

Aber zurück zu Gogol: Was ist nun mit dem russischen Weltschmerz? Ja, den gebe es, sagt die 32-Jährige, aber Gott sei Dank leide sie nicht daran. „Ich war immer optimistisch. Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt.“ Schwer habe sie es einst gehabt, „nur wenige Menschen haben mich unterstützt – und der liebe Gott“.


An den glaube sie, dazu natürlich an die Liebe und die Freundschaft. „Kunst und Musik haben mich immer gerettet, und Menschen wie Fedoseyev machen mir Mut.“ Atemzug, Schwenk nach Wien. So glücklich sei sie, endlich wieder in Wien zu singen. „Ich bin sofort auf den Naschmarkt gelaufen und habe alles gekostet. Ich liebe Karpfen mit Marillenmarmelade.“ Russischer Geschmack? Ushakova formt mit der Hand eine Kugel. Nein, nur charmanter Buchstabensturz – gemeint war dann doch nur der Krapfen.

Und dann kramt Ushakova in ihrer Tasche nach ihrer Kamera: „Jetzt zeige ich euch Fotos.“ Fans in Washington, russischer Botschafter, Finanzminister, Vizepräsident, „alle sehr stolz“, dann flötet sie plötzlich: „Placido?“ Domingo, ihr Freund und Förderer. Darauf ein kurzer unflätiger Ausdruck über einen Bühnenpartner („stand da wie ein Baum!“). König und die Königin von Schweden, ein Schloss, „so groß, dass ich mein Zimmer nicht wiedergefunden habe“. Es folgen die Wiese vor ihrem Haus am Semmering, das Meer vor Tel Aviv, dicke Katzen, Hunde, Pferde, José (Carreras), „Gusi“ (Gusenbauer), „Michilein“ (Häupl), „Renatchen“ (Brauner) und der italienische Sänger Ildebrando D'Arcangelo.

Der habe sie heiraten und an den Herd schicken wollen. „Ich habe gesagt: Ildebrando, wir haben zwei Probleme. Erstens bin ich schon verheiratet, zweitens will ich nicht aufhören zu singen. Und für fünf Kinder bin ich zu alt.“ Ushakova lacht. Sie muss in die Probe, Gogols Wahnsinn wartet.

Zur Person

Natalia Ushakova (geb. 9.Februar 1979 in Taschkent) absolvierte ihr Gesangsstudium in St.Petersburg, 1996 übersiedelte sie nach Österreich. Sie heiratete 1997 den Tenor Rainer Schendl und ist seit 2001 österreichische Staatsbürgerin. Am Dienstag spielt sie in „Gogol“ am Theater an der Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2011)

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