Nagellackreste, Löcher und ­Flecken

(c) Carolina Frank
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Es gibt solche und solche Yogakurse.

Es gibt solche und solche Yogakurse. Solche, bei denen man vorher die neuesten Trends in der Yoga-Bekleidungsmode recherchieren und ein bisschen in Bodyforming investieren muss, bevor man sich zwischen all den Yoga-YouTuberinnen wohlfühlt. Und dann gibt es Yogakurse wie meinen, bei denen ein paar ganz normale Frauen einmal wöchentlich auf dem Galopp zwischen Meeting, Kinderabholung, Druckunterlagenschluss und Abends-vor-dem-Fernseher-Versumpfen in der Volksschule ums Eck vorbeischauen. Genau so, wie sie sind. Im Business-Kostüm, in Jeans und Pullover, mit zerzausten Haaren – ganz egal! Man muss sich für nichts genieren! Sicher, bei der ersten Stunde bin ich vielleicht ein bisschen zu out of Home-Office aus dem Haus gerannt. Da wäre es besser gewesen, ich hätte noch schnell nachgeschaut, ob das T-Shirt unter meinem Pullover vielleicht nicht gerade das mit den Flecken vom letzten Haarefärben ist.

Beim zweiten Mal habe ich ein neueres T-Shirt angezogen, allerdings ist mir im Neonlicht des Turnsaals ein gewaltiges Große-Zehen-Loch in der linken Socke aufgefallen. Beim dritten Mal war die Turnkleidung von Kopf bis Fuß tadellos, dafür sind bei den Barfußübungen Zehennägel zum Vorschein gekommen, die das letzte Mal einen frischen Nagellack gesehen haben, als Ostern noch näher war als Weihnachten. Aber wenigstens habe ich Yoga-technisch Fortschritte gemacht. Tisch, Stuhl, Hund, Kobra, alles klappt perfekt. Ich nehme mir jedes Mal mehr als zweieinhalb Sekunden Zeit, meine Sachen zusammenzupacken, und das mit den Toilettefehlern gehört ebenfalls der Vergangenheit an. Es kann natürlich auch sein, dass ich inzwischen einfach gelernt habe, Nagellackreste, Löcher und ­Flecken wegzumeditieren.

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