Emma Stone: „Man fühlt sich ausgebremst“

Emma Stone ist zum dritten Mal für einen Oscar nominiert –einmal hat sie die goldene Statuette bereits gewonnen.
Emma Stone ist zum dritten Mal für einen Oscar nominiert –einmal hat sie die goldene Statuette bereits gewonnen.APA/AFP/VALERIE MACON
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Der Historienfilm „The Favourite“ hat der US-Schauspielerin Emma Stone eine Oscar-Nominierung eingebracht. Warum Stone nichts vom Ausdruck „starke Frauen“ hält und was man von einem Tag im Korsett lernen kann.

Im Alter von 15 Jahren verschlug es Emma Stone vom verschlafenen Arizona nach Hollywood, wo sie sich zunächst mit Gastrollen in Fernsehserien durchschlug. Ihre erste Kinorolle spielte sie schließlich in dem Überraschungserfolg „Superbad“ – und seither geht es Schlag auf Schlag. Mit so unterschiedlichen Filmen wie „Einfach zu haben“, „Crazy Stupid Love“, oder „The Help“ wurde sie zum Superstar, für das Musical „La La Land“ gewann die als Emily Jean Stone geborene Schauspielerin ihren ersten Oscar. Für „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ wurde die 30-Jährige nun ein weiteres Mal dafür nominiert.

Sie und Ihre beiden Kolleginnen Olivia Colman und Rachel Weisz spielen in „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ drei Frauen, wie man sie nicht nur in Kostümfilmen, sondern allgemein im Kino nicht alle Tage sieht. Ein ungewöhnliches Projekt?

Emma Stone: Das können Sie wohl sagen. Die ersten paar Seiten des Drehbuchs wirkten noch einigermaßen herkömmlich, wobei ich schnell begeistert war davon, wie komplex vor allem die Rollen von Olivia und Rachel sich entwickelten. Meine dagegen erschien erst einmal unschuldig und lieb. Aber ich hatte ja keine Ahnung, was da noch auf mich zukam! Wahnsinn, wie facettenreich und aufregend diese Frauenfiguren waren. Ich kroch gerade zu auf Knien vor Regisseur Giorgos Lanthimos, damit ich die Rolle auch bekam. Denn so etwas gibt es viel zu selten.

Starke Frauenfiguren?

Nein, nicht starke Frauenfiguren. Gegen diese Bezeichnung hat Rachel neulich sehr zu Recht protestiert. Denn sie wird bei Rollen für Frauen ständig angeführt, wenn sie einmal mehr sind als die brave Hausfrau. Während gleichzeitig von starken Männern höchstens die Rede ist, wenn es um Bodybuilder geht. Wir suchen nach Figuren, die mehr als bloß eine Eigenschaft haben. Die Frauen in „The Favourite“ sind stark und schwach, sexy und witzig, böse und ängstlich. Eben einfach menschlich.

Da ist es sicher eine Genugtuung, dass die Männer kaum mehr sind als Stichwortgeber.

Auch darum geht es überhaupt nicht. Tut mir leid, wenn ich mir hier so aufrege, aber bei dem Thema komme ich schnell in Rage. Denn ich kann Ihnen 60.000 Filme aufzählen, in denen Frauen nicht viel zu sagen haben, ohne dass sich daran jemand groß gestört hätte. Aber kaum stehen einmal drei Frauen im Zentrum, kommen Fragen nach den Männern! Dabei sollte es eigentlich nur darum gehen, dass wir uns endlich langsam einer 50:50-Verteilung annähern, was Geschichten über Männer und Frauen angeht.

Stellte es für Sie als Amerikanerin eine besondere Herausforderung dar, eine britische Hofdame zu spielen?

Ich habe mich sehr ins Zeug gelegt, den britischen Akzent überzeugend hinzubekommen, und schon für das Vorsprechen mit einem Sprachcoach gearbeitet. Was gut war, denn Giorgos hat mich richtig auf die Probe gestellt.

Ist eine sprachliche Umstellung der Schlüssel, um sich eine solche Figur aus einer anderen Ära zu erarbeiten?

Ein Schlüssel, würde ich sagen. Mindestens genauso wichtig fand ich die Kostüme. „The Favourite“ ist ja mein erster echter Historienfilm, also hatte ich auch zum ersten Mal ein richtiges Korsett an. Es ist schon spannend, wie sich dadurch deine Atmung und deine Körperhaltung verändern. Und man begreift plötzlich sehr eindrücklich, wie Frauen in jener Zeit in ihrer Kleidung buchstäblich gefangen waren. Man wird in diese Dinge eingeschnürt und fühlt sich zwangsläufig ausgebremst und eingeschränkt, weil man immer kurz vor der Ohnmacht ist, vor allem, solang der Körper und vor allem die Organe sich an diese unnatürliche Enge noch nicht gewöhnt haben.

Ohne zu viel über „The Favourite“ zu verraten: Ist Ihre Rollenauswahl der jüngsten Zeit eine bewusste Rebellion gegen das liebe, süße Image, das Sie bislang hatten?

Sagen wir einmal so: Ich habe wirklich eine ganze Weile lang viele Rollen gespielt, in denen ich das nette Mädchen war. Aber ich würde nicht behaupten, dass ich dagegen bewusst rebelliert habe. Eher ist das ein natürlicher Reifeprozess, den ich gerade durchmache. Ich bin halt keine süße 21 Jahre mehr, was auch bedeutet, dass sich beruflich ein paar neue Möglichkeiten auftun.

Liegt das nur am Alter oder auch am Erfolg?

Wahrscheinlich an einer Mischung aus beidem.

Steckbrief

1988 wurde Emma Stone in Scottsdale, Arizona, geboren.

2004 zog sie mit ihrer Mutter nach Kalifornien, um eine Schauspielkarriere zu beginnen.

2015 wurde sie als beste Nebendarstellerin in „Birdman“ für den Oscar nominiert.

2017 bekam sie den Oscar als beste Hauptdarstellerin in „La La Land“.

2019 ist sie mit „The Favourite“ wieder als beste Nebendarstellerin nominiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2019)

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