Nicole Kidman: „Mutter sagt, ich soll mehr Make-up auftragen“

Nicole Kidman spielt gern schwierige und ausgelaugte Charaktere, um, wie sie sagt, „die Welt in der Haut von unterschiedlichen Menschen wahrzunehmen“
Nicole Kidman spielt gern schwierige und ausgelaugte Charaktere, um, wie sie sagt, „die Welt in der Haut von unterschiedlichen Menschen wahrzunehmen“REUTERS
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Die australisch-amerikanische Schauspielerin Nicole Kidman spricht über ihren neuen Film, „Destroyer“, die Behandlung von Frauen in Hollywood und ihre Vorliebe für riskante Projekte. Zudem erzählt sie, warum sie ihrer Familie zuliebe manche Projekte ablehnt.

Nach „Aquaman“ und „Der verlorene Sohn“ ist Oscarpreisträgerin Nicole Kidman nun schon zum dritten Mal in diesem Jahr auf der großen Leinwand zu sehen: Im Drama „Destroyer“ (bereits im Kino) spielt sie eine ausgelaugte Undercover-Polizistin, die einen folgenschweren Fehler in ihrer Vergangenheit beseitigen will.

In dem Drama „Destroyer“ strapazieren Sie sich wieder einmal mit einer emotional herausfordernden Figur. Was reizt Sie an riskanten Projekten?

Nicole Kidman: Ich möchte emotional neue Ebenen in mir entdecken. Bei diesem Projekt war mir auch wichtig, Regisseurin Karyn Kusama zu unterstützen. Normalerweise würde für so einen Charakter ein Mann besetzt werden. Dass jetzt diese Frau den klassischen Antihelden gibt, finde ich großartig. Auch hinter den Kulissen sind Frauen die Seele des Films – die Crew bestand hauptsächlich aus Frauen.

Sie unterstützen also mit ganzer Kraft die Frauen Ihrer Branche?

Ja – wir müssen Schritte unternehmen, um die Statistik zu ändern. Durch die Serie „Big Little Lies“ hat sich auch viel geändert: Die zweite Staffel wird von einer Frau gedreht, und ich bin mir sicher, dass das der Serie guttun wird. Aber so sehr ich mich diesem Thema verschrieben habe, so sehr genieße ich auch die Zusammenarbeit mit den großartigen männlichen Regisseuren.

Haben Sie jemals die Erfahrung gemacht, dass Sie schlechter bezahlt wurden als männliche Kollegen?

Mein Herz hat immer für die Kunst geschlagen, nie für das Geld. In manchen Filmen hätte ich sogar ganz ohne Bezahlung mitgespielt, weil sie mir so viel bedeutet haben. Die Diskussion um die angemessene Gage ist deshalb so schwer zu führen, weil viele künstlerische Aspekte einfließen, die anders gewichtet werden müssen. Trotzdem bin ich natürlich für faire Bezahlung.

Sie spielen jetzt eine Polizistin, die sich dem Trauma ihrer Vergangenheit stellt. Wie schwer war die Vorbereitung?

Ich wurde von Soldaten im Umgang mit Waffen trainiert und habe mich auf die Stunts vorbereitet. Ich kann jetzt tatsächlich mit jeder Pistole umgehen, die in dem Film zu sehen ist. Ich musste mich erst an das Gefühl gewöhnen, immer eine Waffe in der Nähe zu haben. Dieses Training war also unglaublich wichtig: Denn Erin, meine Figur, weiß, dass diese Waffen Menschenleben beenden können, und muss als Polizistin damit souverän umgehen.

Sie sehen als Polizistin so kaputt und fertig aus, dass man Sie kaum erkennt . . .

Wenn man mich in meinen Filmen mit Falten und dunklen Augenringen im Gesicht sieht, dann finde ich das großartig. Denn es unterstreicht nur die emotionale Tiefe einer Rolle. Es ist spannend und wunderbar, die Welt in der Haut von unterschiedlichen Menschen wahrzunehmen. So lernt man auch ganz andere Emotionen kennen.

Steckt Ihre Familie zurück, wenn Sie drehen?

Nein, sie kommen zumeist mit. Wir stehen uns sehr nahe und sind nie lang voneinander getrennt. Wir überlegen uns zusammen, was wir schaffen können und was nicht. Wir sprechen offen darüber, wenn etwas zu viel wird. Das bedeutet, dass wir einige Projekte auch ablehnen müssen. Wir wissen, dass wir am glücklichsten sind, wenn wir alle zusammen sind.

Würden Sie sich als eitel bezeichnen?

Kaum. Das geht sogar so weit, dass meine Mutter immer sagt, dass ich etwas mehr Make-up auftragen soll. Privat schminke ich mich kaum. Wenn ich ausgehe, dann liebe ich es, mir etwas Hübsches anzuziehen und einen schönen Lippenstift aufzutragen.

Seit Sie mit Musiker Keith Urban verheiratet sind, leben Sie in dessen Wahlheimat Nashville. Können Sie dort mit Ihrem Auftauchen noch Menschenaufläufe verursachen?

Es kommt darauf an, wie du es selbst angehst. Wenn wir mit zig Bodyguards erscheinen, die alle „Aus dem Weg!“ brüllen, kann das schon für Aufruhr sorgen. Aber mein Privatleben mag ich eher unaufgeregt und friedlich.

Bekommen Sie eigentlich immer noch gleichbleibend viele Angebote?

Ich hatte noch nie so viel zu tun wie heute. Das kommt auch daher, dass ich Filme drehe, die extra fürs TV gedacht sind. Ich bin dankbar, dass ich so viele Optionen habe. Wir brauchen Geschichten. Die Welt verändert sich, und wir müssen uns mit ihr verändern.

Steckbrief

1967 wurde Nicole Kidman in Honolulu, Hawaii, geboren. Sie wuchs in den USA und Australien auf.

1990 gelang ihr mit „Tage des Donners“ der Durchbruch in Hollywood. Weitere Erfolgsfilme wie „In einem fernen Land“, „Malice – Eine Intrige“ und „Batman Forever“ folgten.

2003
wurde sie für ihre Rolle in dem Drama „The Hours“ mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Nominiert war sie bereits im Jahr zuvor für „Moulin Rouge“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2019)

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