Fields-Medaille für Martin Hairer

Fields-Medaille für Martin Hairer
Fields-Medaille für Martin HairerFacebook/Martin Hairer
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Mit Martin Hairer von der University of Warwick erhielt heuer erstmals ein Österreicher den "Nobelpreis der Mathematik".

Fragt man Martin Hairer, wie denn die Forschung in seinem Fach aussieht, räumt er gleich mit einem Irrglauben auf: "Mathematiker rechnen nicht", es gehe eher ums Beweisen. Dass der an der University of Warwick tätige Österreicher zur Weltspitze zählt, hat er nun bewiesen: Am Mittwoch erhielt der 38-Jährige in Seoul mit der Fields-Medaille eine der höchsten Auszeichnungen in Mathematik.

Hairer ist österreichischer Staatsbürger, hat aber in seiner Karriere nicht viel mit dem Land zu tun. Er kam am 14. November 1975 in Genf (Schweiz) als Sohn des an der dortigen Uni tätigen österreichischen Mathematikers Ernst Hairer zur Welt. Er absolvierte in der Schweiz die Schule, studierte an der Universität Genf Mathematik und Physik, wo er 2001 in Physik promoviert wurde.

Zur Mathematik sei er gekommen, weil er den Eindruck hatte, dort endgültige Ergebnisse erzielen zu können. "Wenn ich ein mathematisches Theorem beweise, dann bleibt es wahr. Eine physikalische Theorie dagegen kann nach zehn Jahren schon komplett falsch sein. Das ist das, was ich an der Mathematik mag, diese Ewigkeit", sagte Hairer.

"Theory of regularity structures"

Mit der von ihm in rund eineinhalb Jahren entwickelten "Theory of regularity structures" ist ihm genau das gelungen. Er konnte damit bestimmten stochastischen partiellen Differenzialgleichungen Sinn geben, berechenbar machen und auf soliden mathematischen Grund stellen. Das brachte ihm die Fields-Medaille.

Die Physik sieht Hairer als "eine sehr gute Quelle für mathematische Probleme", viele der interessantesten mathematischen Probleme hätten dort ihren Ursprung. Dabei interessiert ihn primär die Mathematik, irgendwelche spezifischen technologischen Anwendungen hat er nicht im Sinn. So habe auch seine Software-Entwicklung nichts mit seiner Mathematik zu tun.

Warum nicht Österreich?

Befragt, warum ihn sein Karriereweg bisher nie nach Österreich geführt habe, meint Hairer trocken: "Warum sollte er?" Für die Mathematik sei in Europa England, Frankreich und Deutschland interessanter, "da gibt es mehr Stellen, größere Gruppen und Unis". Zudem sei seine Frau - auch eine Mathematikerin - ursprünglich Chinesin, jetzt Engländerin, und spreche kein Deutsch. "Es macht also nicht so viel Sinn nach Österreich zu ziehen." Privat spielt in der Familie Hairer Österreich aber durchaus eine wichtige Rolle - zumindest kulinarisch, wie der "Brot-Blog" seiner Frau verrät, wo es u.a. um Apfelstrudel und Lebkuchen geht.

Fachlich hat Hairer dagegen nicht viel Kontakt zu Österreich, auch wenn er Neugründungen wie das Institute of Science and Technology (IST) Austria oder das neue Wiener Zentrum für partielle Differenzialgleichungen wahrgenommen und Kontakt zu einzelnen Kollegen hat. An der University of Warwick schätzt er dagegen die "nette und wissenschaftlich befruchtende Atmosphäre" mit einer inzwischen sehr großen Gruppe von Mathematikern und einem großen Gemeinschaftsraum, wo man sich am Nachmittag zu Tee und Gedankenaustausch trifft.

Warwick zählt zur Weltspitze

Warwick, wo Hairer 2002 als Postdoc angefangen und sich - unterbrochen von einem Jahr an der New York University (USA) und verschiedenen Gastprofessuren - zum Full Professor (seit 2010) hochgearbeitet hat, sei eine kleinere Uni. In Mathematik und Wirtschaftswissenschaften zählt sie aber zur Weltspitze und sei seit der Gründung in den 1960er-Jahren "innerhalb von 40 Jahren von Null auf das Niveau von Oxford und Cambridge gekommen", so Hairer. Das wird wohl auch der Grund für die Queen gewesen sein, eine Stiftungsprofessur für Mathematik an die University of Warwick zu geben, die Hairer als "Regius Professor" ausgewählt hat.

Das war wohl weise Voraussicht angesichts der nunmehrigen Verleihung der Fields-Medaille, oft auch als "Nobelpreis der Mathematik" bezeichnet. Doch schon zuvor hat Hairer mit zahlreichen Auszeichnungen auf sich aufmerksam gemacht, u.a. mit dem Whitehead Prize der London Mathematical Society, dem Philip Leverhulme Prize (beide 2008), dem Fermat Prize der der Universität Toulouse (2013), einigen Forschungsförderpreisen wie einem "Consolidator Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC) oder der Aufnahme in die ehrwürdige Royal Society.

(APA)

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