Der Mond ist in der Tiefe nass

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Das Vulkangestein an der Oberfläche des Mondes zeigt Spektrometern allerorten die für Wasser typischen Reflexionsspektren.

„Maria“ nannte Giovanni Riccioli, der 1651 die erste Karte des Mondes zeichnete, manche Regionen, sie sahen aus wie Meere. Dem näheren Augenschein hielt das nicht stand: Als 1969 die ersten Menschen durch das „Meer der Ruhe“ spazierten, war es staubtrocken, man hatte es auch nicht anders erwartet, der Mond galt längst als wasserlos. Daran änderte sich auch nichts, als sich in Mondgestein, das Apollo-Besatzungen 1971 mitbrachten, doch Spuren von Wasser fanden. Man interpretierte sie als Verunreinigung: Der Behälter war nicht dicht, das Wasser war auf der Erde hineingedrungen.

So wurde der dürre Mond zum Dogma. Aber 1999 bemerkte die Astronomin Faith Villas (Planetary Science Institute) auf dem Nachbarn Gesteine, die zur Entstehung Wasser brauchen, Phyllosilikate. Das stieß auf so viel Skepsis, dass Villas ihren Fund erst 2008 publizieren konnte. Kurz darauf sichteten Raumsonden Wasser auf dem Mond, allerorten, man vermutete, es komme mit bzw. vom Sonnenwind. Der besteht aus geladenen Teilchen, unter anderem Protonen, Wasserstoffionen, die würden aus Mondgestein Sauerstoff herausschlagen und sich mit ihm zusammentun.

Im selben Jahr kam die nächste Überraschung: Das Wasser in den Apollo-Steinen war keine Verunreinigung. Die Gesteine waren Magma, also tief aus dem Inneren des Mondes nach oben gedrungen, in ihnen war Wasser eingeschlossen, so viel wie in altem Gestein im Mantel der Erde. Eric Hauri (Carnegie Institution) hat es gemessen und hochgerechnet, dass es in der Tiefe des Mondes so viel Wasser gibt wie im Mittelmeer.

Effekte von Wasser und Wärme trennen

Das erregte Widerspruch: Von den Apollo-Proben könne man nicht auf den ganzen Mond schließen. Deshalb hat Shuai Li (Brown University) nun alle vulkanischen Gesteine der Mondoberfläche in den Blick genommen bzw. ausgewertet, was Spektrometer der indischen Mondsonde Chandrayaan-1 beim Umkreisen des Nachbarn aufgenommen haben: Aus den Reflexionen kann man auf die Beschaffenheit schließen. Allerdings nicht leicht: Die für Wasser charakteristischen Wellenlängen decken sich mit denen, die der Mond beim täglichen Erwärmtwerden ausstößt. Li konnte die Effekte trennen: Die Vulkangesteine des Mondes sind allerorten nass (Nature Geoscience 24. 7.).

Nun muss man nur noch das Problem lösen, wo dieses Wasser hergekommen sein soll: Nach gängiger Theorie wurde der Mond aus der Erde herausgeschlagen, alles Flüchtige entwich ins All. Li setzt deshalb darauf, dass das Wasser später kam, mit Asteroiden. Aber das kann nicht sein: Asteroiden hätten auch die Erde getroffen – und zwar ihrer Größe wegen in viel höherer Zahl als den Mond –, sie müsste viel mehr Wasser haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2017)

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