Kann man der Bibel ein Museum setzen?

Kostbare Lutherbibel restauriert
Kostbare Lutherbibel restauriertAPA/dpa-Zentralbild/arifoto UG
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Washington bekommt ein Museum of the Bible, gestiftet von evangelikalen Christen. Die anfängliche Kritik daran ist leise geworden, aber nun hat das Haus Probleme mit Ausstellungsstücken.

Mitte November wird unweit von politischen und wissenschaftlichen Zentren der USA – dem Kapitol und dem National Museum of Natural History – ein besonderes Gebäude eröffnet, das Museum of the Bible. Erdacht und finanziert – mit 500 Mio. Dollar – wurde es von der Familie Green, die mit der Kaufhauskette Hobby Lobby reich geworden ist und die Hälfte der Einnahmen an evangelikale Kirchen spendet, einer gehört die Familie an. Nach deren Grundsätzen handelt sie auch, sie hat etwa vor Gericht erreicht, dass Arbeitgeber aus religiösen Gründen Verhütungsmittel von Krankenversicherungen ihrer Mitarbeiter ausschließen dürfen.

Dieser Glaubenseifer weckte früh Kritik am geplanten Museum, sie sah sich bestätigt, als 2010 der Zweck des Ganzen so beschrieben wurde: „Das Vertrauen in die absolute Autorität und Verlässlichkeit der Bibel inspirieren“. Heute liest es sich anders – „Alle Menschen einladen, sich mit der Geschichte, den Erzählungen und dem Einfluss der Bibel zu befassen“ –, auch deshalb sind die Einwände leise geworden, erste Journalisten, die in das Haus schnuppern konnten, mokieren sich eher über Anlehnungen an Disneyland.

Objekte von Räubern und Fälschern

Aber es werden nicht nur Szenen aus der Bibel inszeniert, es werden auch Zeugen präsentiert: archäologische Funde. Die lassen die Zeitschrift Science (358, S. 295) nach dem wissenschaftlichen Nutzen des Museums fragen, unter dem Titel „Original Sin“. Das ist metaphorisch (als Erbsünde) und wörtlich gemeint, es geht um „Originale“, viele gespendet von der Familie Green. Manche sind wohl Fälschungen, andere stammen aus Raubgrabungen aus dem kriegsgeplagten Irak. Als im Juli aufflog, dass Hobby Lobby 3500 in die USA geschmuggelte Siegel und Schrifttäfelchen erworben hatte, zahlte die Firma drei Millionen Dollar Strafe.

Das Museum reagierte und engagierte als Leiter der Sammlungen David Trobisch, einen respektierten Bibelkundler, der brachte das Akquisitionsgebaren auf internationales Niveau und sorgte zugleich dafür, dass das Museum sich an einer archäologischen Grabung in Israel beteiligt. Härter ist das zweite Problem, das möglicher Fälschungen: Das Museum hat 13 Fragmente von Qumran-Rollen, aber nach dem Urteil von Kipp Davis (Lanley) sind sieben gefälscht (nach Schätzungen anderer Experten sind es alle).

Das Museum hat Prüfungen in Auftrag gegeben. Von denen nicht betroffen ist ein zentrales Schaustück, ein Täfelchen mit Teilen des „Gilgamesch-Epos“, es ist echt und legal erworben. Aber es zeigt den Spagat des Museums: Das Epos, in dem etwa eine Sintflut beschrieben wird, ist 500 Jahre älter als die Bibel. Das möge „problematisch sein für manche Besucher“, urteilt Altertumskundler Christopher Rollstone (Washington), er meint Strenggläubige, für die vor der Bibel nichts kommt. Dass das Epos früher da war, steht dann auch nicht in der großen Beschreibung des Täfelchens, man muss um die Ecke gehen, um von einer kleineren zu lernen, dass die Bibel „Jahrhunderte später“ geschrieben wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2017)

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