Forschungsrat: „Österreich steckt im Mittelfeld“

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Symbolbild.(c) imago/allOver (KTH)
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Das Beratungsgremium der Bundesregierung ortet in seiner jüngsten Empfehlung „erhebliche Ineffizienzen“ im Innovationssystem: Der finanzielle Input sei hoch, der Output hingegen nur mittelmäßig.

Was steht der Weiterentwicklung zum Innovationsführer im Weg? Aus Sicht des Rates für Forschung und Technologieentwicklung (RFT), der die österreichische Bundesregierung berät, fehlt es im Innovationssystem vor allem an Effizienz. Zu diesem Schluss kommt der RFT (siehe Lexikon) jedenfalls in seinen jüngsten, am Donnerstag veröffentlichten „Empfehlungen für den Weg zur Innovationsspitze“.

Das 2009 formulierte Ziel Österreichs, 2020 zu den führenden Innovationsnationen zu zählen, ist aus Sicht des Rats nicht mehr zu erreichen: Die Entwicklungsdynamik sei verloren gegangen, Österreich stagniere und sei nicht in der Lage, verlorenes Terrain wiedergutzumachen. Statt zum Spitzenfeld aufzuschließen, sei man „in vielen Bereichen zurückgefallen und mit rückläufiger Tendenz im Mittelfeld stecken geblieben“, heißt es im Bericht. Das äußere sich etwa auch in der Positionierung österreichischer Unis sowie anderer Einrichtungen in internationalen Rankings.

Ausgangslage eigentlich gut

Der Trend ist für den RFT „erstaunlich“, da die Ausgangslage mit niedriger Arbeitslosigkeit, einer stabilen Entwicklung des BIP pro Kopf und einer Forschungsfinanzierung „auf Rekordniveau“ eigentlich gut sei. Der „beachtliche Aufholprozess“ schlage sich aber nicht im Output nieder. Im Vergleich mit anderen Staaten leide man an „erheblichen Ineffizienzen“.

Im Hochschulbereich behinderten etwa die ungesteuerten Studierendenströme die Steigerung der Leistungsfähigkeit. Die Belastung der Unis durch die verhältnismäßig hohe Anzahl an Studenten und die vergleichsweise geringen finanziellen und personellen Ressourcen sei enorm. Es sei „wenig verwunderlich, dass darunter auch die Forschungsleistung leide, weil überproportional viele Ressourcen in den administrativen Aufwand und die Bewältigung der überlaufenen Lehre fließen“. Ein „geeignetes Zugangsmanagement an den Unis in Kombination mit einer entsprechenden Ausweitung der Kapazitäten an den FH soll Abhilfe schaffen. Außerdem sollten die Karrieremodelle für junge Wissenschaftler weiter ausgebaut werden.

Der RFT ortet aber nicht nur Bedarf für strukturelle Reformen. Die Hochschulen seien im Vergleich zu jenen führender Länder noch immer chronisch unterfinanziert. Die kompetitive Forschungsförderung stagniere seit Jahren auf einem im Vergleich zu den Innovationsführern zu niedrigem Niveau. Hier gelte es nach wie vor, „Effizienzbarrieren“ auszumerzen.

Der Rat ortet eindeutige Tendenzen einer Überregulierung, Zersplitterungen, unklare Zuständigkeiten und ein „komplexes, nicht harmonisiertes Regelwerk für einzelne Instrumente“. Die Kritik zielt vor allem auf die vergleichsweise geringe, auf Ebene der Länder abgewickelte Mittelvergabe ab. Diese würde bei einem deutlich höheren Administrationsaufwand über 14 verschiedene Rechtsträger abgewickelt.

Auch darüber hinaus sieht der RFT Handlungsbedarf: Das Fremdenrecht behindere die Weiterentwicklung der Unis in Richtung Internationalisierung; die strenge Datenschutzregelung erschwere teilweise die Forschung; und für Unternehmensgründungen würden international betrachtet zu wenig Mittel zur Verfügung stehen.

LEXIKON

Der Forschungsrat wurde anno 2000 gegründet. Er berät die österreichische Bundesregierung zu Fragen der heimischen Forschungs-, Technologie- und Innovationslandschaft. Dazu beobachtet und bewertet er relevante Entwicklungen und veröffentlicht sie in Form von – allerdings unverbindlichen – Empfehlungen. Anlass für die jüngste Empfehlung sind der Beginn einer neuen Legislaturperiode und der Amtsantritt einer neuen Bundesregierung. Vorsitzender ist aktuell der Industrielle Hannes Androsch, Stellvertreter der Humangenetiker Markus Hengstschläger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2017)

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