FH vermissen Geld und Anerkennung

Struktur.Die Fachhochschulen fordern bessere Bedingungen für die Forschung. Sie wollen eine ständige Förderung und das Promotionsrecht, hieß es diese Woche beim FH-Forschungsforum.

Fachhochschulen sind in Österreich vor allem für ihre Qualität in der Lehre bekannt. Forschungsleistungen werden weniger mit ihnen assoziiert, obwohl sie den gesetzlichen Auftrag dazu haben. Dies mag daran liegen, dass Grundlagenforschung mehr Prestige genießt als die angewandte Forschung, die zum Profil von Fachhochschulen gehört. Der Ansicht, diese sei in Wahrheit „die Champions League der Forschung“, die der F&E-Leiter der Österreichischen Fachhochschulkonferenz (FHK), Johann Kastner, zum Auftakt des FH-Forschungsforums äußert, dürfte daher breite Zustimmung verwehrt bleiben.

Fachhochschulen müssen jedoch – ungleich den Universitäten – ohne kontinuierliche Forschungsfinanzierung auskommen. Ihr wichtigster Fördergeber ist die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) mit Programmen wie Coin-Aufbau oder Comet. „Die Rahmenbedingungen sind alles andere als adäquat“, sagt FHK-Präsident Raimund Ribitsch. Zudem fehlten an Fachhochschulen Dissertanten als wichtige Träger von Forschungsleistungen. Denn in Österreich können Doktoratsvorhaben nur in Kooperation mit Universitäten verwirklicht werden. Privatuniversitäten hingegen sei erlaubt, extern akkreditierte Doktoratsstudien anzubieten. „Wo Uni draufsteht, darf man, wo Hochschule draufsteht, nicht“, so Ribitsch leicht sarkastisch.

Blick nach Deutschland

Nicht frei von Neid blicken Österreichs FH-Verantwortliche daher auf das Promotionsrecht, das Fachhochschulen zumindest in einigen deutschen Bundesländern besitzen, wie etwa in Hessen oder künftig in Schleswig-Holstein.

Überhaupt werde in den deutschsprachigen Nachbarländern Forschung an Fachhochschulen wesentlich besser unterstützt als in Österreich, sagt Kastner, in Deutschland etwa mit 100 Millionen Euro allein an Bundesfördermitteln. Dazu kämen Landesmittel, die im deutschen System den überwiegenden Teil der Hochschulfinanzierung ausmachten. In Österreich seien Fachhochschulen zwar um zehn Jahre jünger und hochwertiger aufgesetzt, würden jedoch von Deutschland inzwischen in puncto eigenständige Doktoratsprogramme überholt.

„Wir können forschen, man muss uns nur lassen“, fasst Ribitsch zusammen. Als Beleg dafür wurden beim FH-Forschungsforum etliche Projekte vorgestellt, die als Innovationstreiber bezeichnet werden können.

So zeigt etwa das Josef-Ressel-Zentrum für angewandtes wissenschaftliches Rechnen an der FH Vorarlberg, dass Branchen wie der Energiesektor, die Finanzwirtschaft oder die Logistik bei komplexen Problemstellungen darauf angewiesen sind, dass Forschungsinstitutionen rechenintensive Methoden für Unternehmen nutzbar machen können.

In der Energiewirtschaft kann dadurch etwa der Verbrauch von Geräten an die Stromerzeugung angepasst werden; in der Finanzwirtschaft kann die Bilanz einer ganzen Bank (wie sonst ein einzelnes Portfolio) der systematischen Risikobetrachtung unterzogen werden; in der Logistik können bei Tourenplanungen neue Anforderungen und Nebenbedingungen, wie etwa heterogene Fahrzeugflotten, einbezogen werden.

Individuelle Musiktherapie

Das Josef-Ressel-Zentrum für die Grundlegung einer personalisierten Musiktherapie an der IMC FH Krems hingegen strebt nach neuen Erkenntnissen zur Wirkungsweise von Musiktherapie, die in die Ausbildung von Therapeuten einfließen und die praktische Arbeit in der Neurorehabilitation kontinuierlich verbessern sollen. Der Trend der personalisierten Medizin, die primär am genetischen Zugang zu Patienten orientiert ist, soll dabei um ein humanistisch-anthropologisches Verständnis von Personalisierung erweitert werden. Untersucht werden Bedingungen, die Momente sogenannter therapeutischer Resonanz begünstigen, also Momente des Verstehens und Verstandenwerdens zwischen Therapeut und Patient, und Möglichkeiten für Therapeuten, um ihre Empathiefähigkeit dahingehend trainieren zu können. [ FHS / Moser]

IN ZAHLEN

6Millionen Euro pro Jahr wendet der Bund an Forschungsförderung für Fachhochschulen auf.

3,5Millionen Euro davon gehen in Mittel der Programmlinie Coin-Aufbau, die von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG vergeben werden. 2,5 Millionen Euro werden pro Jahr für Josef-Ressel-Zentren ausgegeben – das ist die FH-Förderschiene der Christian-Doppler-Forschungsgesellschaft (200.000 Euro pro Zentrum und Jahr).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2018)

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