Endlich doch Wasser auf dem Mars, flüssiges?

Unter dem Eis am Südpol könnte ein See liegen.
Unter dem Eis am Südpol könnte ein See liegen.APA/AFP/NASA/HO
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In 1,5 Kilometer Tiefe unter dem schon länger bekannten Eis am Südpol des Nachbarn ist etwas, was aussieht wie ein 20 Kilometer großer See. Allerdings sind die Temperaturen dort so niedrig – minus 68 Grad –, dass das Wasser eine brackige Brühe voller Salze sein müsste.

1996 schickte die Raumsonde Galileo Bilder des Jupitermonds Europa, auf denen dicke Eispanzer zu sehen waren. Unter denen vermutete man flüssiges Wasser, und in ihm – Leben. Die Sensation war so groß, dass eine zweite Entdeckung im gleichen Jahr gar nicht weiter auffiel: Auch auf der Erde, in der Antarktis, gibt es Eispanzer, unter denen flüssiges Wasser ist: Auf den größten dieser Seen – Lake Vostok, 250 Kilometer lang, 50 breit – stieß man 1996, er zeigte sich mit Radar in 3623 Metern Tiefe.

Ganz Ähnliches hat eine Gruppe um Roberto Orosei (Bologna) nun dort gesichtet, wo man bzw. die Nasa mit präzedenzlosem Aufwand nach Wasser – und natürlich: Leben – sucht, auf dem Mars. Auf dem hatte der italienische Astronom Giovanni Schiaparelli 1877 ein Netz feiner Linien gesichtet, er nannte sie „canali“, Rillen, im Englischen wurden „channels“ daraus, in denen musste Wasser sein, und die musste jemand gebaut haben, jemand mit hoher Intelligenz. Das popularisierte in den USA der Hobbyastronom Percy Lowell, es speiste auch die Fantasie von H. G. Wells, der 1898 im „Krieg der Welten“ eine Invasion der Erde durch Marsianer imaginierte. Orson Welles setzte das 1938 in einem Hörspiel in den USA so realistisch um, dass Massenpanik ausbrach.

Mächtige Eisfelder am Südpol

Aber an der Oberfläche hat der heutige Mars kein Wasser in flüssiger Form – er kann es nicht, die Bedingungen sind zu hart –, und unzählige Spuren, die früheres flüssiges Wasser in der Topografie des Nachbarn hinterlassen haben soll und die etwa wie Fluss- oder Meeresufer aussehen, sind vermutlich nicht durch Wasser entstanden, sondern durch Wind oder flüssiges CO2. Wasser in gefrorener Form allerdings hat man schon gesichtet, vor allem am Südpol, dort lagert so viel, dass es den ganzen Planeten elf Meter hoch bedecken würde, wenn es flüssig wäre. Und unter diesem Eis hat sich nun auch flüssiges Wasser gezeigt, zumindest interpretieren die Forscher so, was sie auf Aufnahmen sehen, die MARSIS geliefert hat, das Mars Advanced Radar for Subsurface and Ionosphere Sounding: Das ist ein Sende- und Messgerät an Bord der Sonde Mars Express, die den Nachbarn umkreist, es schickt Radar in den Boden und verfolgt dessen Wege. Die Aufnahmen zeigen nun in 1,5 Kilometer Tiefe einen 20 Kilometer großen See, die Bilder ähneln denen von Lake Vostok. Allerdings lassen die Temperaturen in dieser Region die Existenz von schlichtem flüssigen Wasser nicht zu – am Südpol hat es minus 68 Grad –, es könnte nur eine brackige Brühe sein, in der Salze von Natrium oder Kalzium den Gefrierpunkt herab setzen (Science 25. 7.).

Könnte es in solchem Wasser Leben geben? Bakterien passen sich an härteste Bedingungen an, allerdings ist nicht überall Leben, wo Wasser ist: Lake Vostok hat man 2013 angebohrt, in der Hoffnung, dort Mikroben zu finden, die sich seit Vereisung der Antarktis vor 35 Millionen Jahren ganz anders entwickelt haben als der Rest des Lebens auf der Erde. Man fand nichts (bzw. Bakterien, die auf dem Bohrkopf als Verunreinigung mit nach unten gegangen waren. Und auf dem Mars könnte man ohnehin keine 1,5 Kilometer in die Tiefe bohren.

Heißester Kandidat für Leben: Europa

Bleibt als Kandidat für außerirdisches Leben bzw. dessen Sichtung Europa. Dieser Mond wird von der Gravitation des Jupiter so durchgerüttelt, dass sich im Eis Spalten auftun, durch die flüssiges Wasser nach oben schießt, bisweilen gar in Fontänen. Allerdings kann es dort in Kosmische und Strahlung von Jupiter geraten, die jedes Leben zerstören würden. Deshalb hat Tom Nordheim (Nasa) nun unter anderem aus Daten der Sonde Galileo die Strahlung auf Europa kartiert und ihre Wirkung auf Aminosäuren im Labor analysiert (Nature Astronomy 23. 7.): Er schlägt eine Suche in weniger belasteten Regionen vor, dort müsste eine Sonde nur einen Zentimeter tief ins Eis kratzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2018)

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