„Schürfen“ digitaler Währungen verbraucht mehr Energie als die Gewinnung gleichwertiger Metalle.
Dezentral, transparent, fast fälschungssicher und im Idealfall autoritätsfrei, die Vorteile von Kryptowährungen wie Ether oder Bitcoin werden von ihren Befürwortern gepriesen. Man las von geradezu märchenhaften Wertsteigerungen: Wer 2009 den Betrag von 24 Dollar in Bitcoins investierte, konnte vier Jahre später eine halbe Millionen Gewinn einstreichen.
Immer häufiger wird jedoch auch Kritik an den virtuellen Münzen laut. Je mehr Einheiten einer Kryptowährung existieren, umso aufwendiger wird die Berechnung – das sogenannte mining – neuer Einheiten, die damit erst geschaffen werden. Weltweit arbeiten unzählige Firmen und Privatschürfer mit teilweise riesigen Serverfarmen an der Fortsetzung der Blockchains, das sind die Datensätze, auf denen Kryptowährungen basieren.
Mit entsprechendem Energiebedarf: Um den Gegenwert eines Dollar in einer der vier meistverwendeten Kryptowährungen zu generieren, brauchte man von 2016 bis 2018 mehr Energie als für die Gewinnung desselben Werts in Gold oder Kupfer. Die Produktion von Platin und seltenen Erden wurde von zwei Währungen (Bitcoin und Monero) übertroffen, nur Aluminium blieb mit großem Abstand Spitzenreiter im Energieverbrauch (Nature Sustainability, 5. 11.).
Das hat natürlich auch Auswirkungen auf das Klima, und zwar beträchtliche. Sollte sich der Umsatz allein von Bitcoin wie bisher fortsetzen, rechnen Wissenschaftler mit einem damit verbundenen Ausstoß von Treibhausgasen, der bis 2033 die globalen Temperaturen um zwei Grad Celsius ansteigen ließe (Nature Climate Change, 29. 10.).
Zwar gibt es durchaus nationale Unterschiede, abhängig von der vorherrschenden Art der Energiegewinnung – in China wird z. B. viermal mehr CO2 pro Bitcoin ausgestoßen als in Canada. Doch selbst bei vorsichtigsten Schätzungen bräuchte es nur 22 Jahre, bis das digitale Schürfen den Planeten um zwei Grad erwärmt hat. „Jede Weiterentwicklung von Kryptowährungen sollte unbedingt auf einen niedrigeren Energieverbrauch abzielen, um die potenziell verheerenden Auswirkungen auf das Klima zu verhindern“, mahnt daher Camilo Mora, Hauptautor der Studie. (däu)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2018)