Warum Pflanzen keine Gefühle haben können

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Seit 13 Jahren wollen „Pflanzen-Neurobiologen“ die Welt davon überzeugen, dass nicht nur Menschen und Tiere über ein Bewusstsein verfügen. Einer Gruppe orthodoxer Kollegen reicht es nun: Sie erklären die Experimente für fehlerhaft und die ganze Idee zum irrationalen Irrweg.

Sei nicht eine solche Mimose! Die Metapher für einen allzu empfindsamen Menschen scheint gut gewählt: Kaum lässt man einen Blumentopf mit einer Mimosa pudica aus geringer Höhe sacht auf den Boden fallen, schon kringeln sich die Blätter der „Schamhaften“ ein. Aber seltsam: Wiederholt man den Vorgang mehrere Male, bleiben die Blätter offen. Weil die Pflanze motorisch erschöpft ist? Offenbar nicht, denn wenn man ihr einen neuartigen Schrecken verpasst und sie schüttelt, krampfen sich die Blätter wieder zusammen. Aus menschlicher Sicht eine klare Sache:

Die Mimose hat sich an das Fallen gewöhnt und gelernt, dass sie dabei nicht in Gefahr ist. Aber beim Schütteln, das sie noch nicht kennt, geht die Pflanze lieber auf Nummer sicher. Sich gewöhnen, lernen, vorsichtig sein: Solche kognitiven Fähigkeiten haben nur Wesen, die über ein Bewusstsein verfügen. Dass auch Pflanzen dazu gehören, davon wollen die „Pflanzen-Neurobiologen“ die Welt seit 2006 mit solchen Experimenten überzeugen. Ihre faszinierenden Thesen haben sie zu Lieblingen der Medienwelt gemacht. Dabei steckt schon im Namen ihres Forschungszweiges ein Widerspruch: Was Pflanzen definitiv fehlt, sind eben Nervenzellen.

Der Aufwand lohnt sich nicht

Hier hakt nun eine Gruppe von acht Biologen um Lincoln Taiz in ihrem Essay ein („Trends in Plant Science“, 3. 7.): Es habe sich klar erwiesen, dass für das Auftreten von Bewusstsein eine Reihe von Schwellen zu überschreiten sind. Nur vielzellige Tiere mit hoch entwickelten Sinnesorganen und einem komplexen, im Hirn gebündelten Zentralnervensystem kommen dafür infrage: Wirbeltiere, Gliederfüßer (wie Insekten oder Krabben) und Tintenfische. Für mentale Bilder, emotionale Reaktionen und Lernfähigkeit brauche es „Millionen von Neuronen und Milliarden von Synapsen, die sich zum Netzwerk formen“ – ein ungeheurer Aufwand, den Pflanzen nicht brauchen.

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