Optimismus ist angesagt

Wer über den Zustand der Welt nachdenkt, könnte in tiefen Pessimismus verfallen. Ein langjähriger Warner argumentiert nun aber, dass eigentlich Optimismus angesagt ist.

Wenn jemand über den ökologischen Zustand der Welt referiert, könnte man als Zuhörer verzweifeln. Meist wird das mit exponentiell steigenden Kurven des Artensterbens, der Stickstoffbelastung, des CO2-Ausstoßes oder der Plastikproduktion illustriert, die die große Transformation der Welt seit den 1950er-Jahren widerspiegeln. So geschehen einmal mehr bei den heurigen Technologiegesprächen in Alpbach, wo der Komplexitätsforscher Stephen Lansing seine profunde Analyse vorstellte. Lansing will ein umfassendes Modell zur Beschreibung der Welt erstellen, das sowohl Ökologie als auch Ökonomie beinhaltet (zwei in seinen Augen derzeit getrennte Bereiche).

Ein Warner war stets auch der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Josef Nussbaumer. In seinem hypothetischen Dorf „Globo“ – das die Welt im Kleinen abbildet – und in seinen Büchern hat er unzählige Daten aufgegriffen, die den beklagenswerten Zustand der Welt beschreiben. Nun aber, nach seiner Pensionierung an der Uni Innsbruck, schlägt er einen anderen Ton an: „Hoffnungstropfen“ nennt er sein neuestes Buch (274 S., Studia, 19,90 €), in dem er ebensolche versammelt. „Wer die heutige Zeit zu sehr verdammt und mit zu viel Pessimismus sieht, läuft Gefahr, die ,schlechte neue‘ Zeit durch die Wiedereinführung der ,guten alten‘ Zeit zu ersetzen“, schreibt er. Nachsatz: „Und das ist wohl eine noch viel gefährlichere Variante.“

Was Nussbaumer an hoffnungsvollen Beispielen zusammengetragen hat, ist imposant. Er beschreibt etwa Solarkühlungsanlagen in Kenia, durch die weniger Lebensmittel verderben, bevor sie von den Kleinbauern auf den Markt gebracht werden können. Er erinnert an den ägyptischen Forscher Ibrahim Abouleish, der in Österreich studiert hat und nun Wüstensand mit biologisch-dynamischen Methoden in wertvolles Farmland verwandelt. Er ruft auch ins Gedächtnis, dass sich seit 1990 sowohl die Kinder- als auch die Müttersterblichkeit auf der Welt glatt halbiert hat.

Auf solche positiven Entwicklungen hinzuweisen hat nichts mit Schönfärberei der dramatischen Lage zu tun. Nussbaumer will vielmehr dazu anregen, „sich durch eine oft als hoffnungslos empfundene, ja depressive Stimmung nicht fehlleiten zu lassen“. Das Schlimmste wäre seiner Meinung nach, in Lethargie zu verfallen – weil man ohnehin nichts machen könne.

Doch, man kann!, meint Nussbaumer und unterstreicht dies mit guten Argumenten.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2018)

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