Warum ist Lachen ansteckend?

Unser Gegenüber zu imitieren hilft, dessen Gefühle, Einstellungen und Ziele besser zu verstehen. Das klappt bei Spaß, aber auch bei Trauer.

Wenn einer kichert, erwischt es meist die ganze Gruppe. Denn kaum etwas ist so ansteckend wie Lachen. „Lachen ist ein Signal für andere, dass jemand nicht bedrohlich, sondern gut gelaunt ist. Daher fühlt man sich von fröhlichen Menschen auch angezogen“, sagt Ilona Papousek, Psychologin an der Uni Graz. Mit anderen mitzulachen passiert ganz automatisch: „Beobachten wir Mitmenschen beim Lachen, aktivieren sich im Gehirn die Regionen, die aktiv sind, wenn wir selbst lachen. Das bereitet uns darauf vor mitzulachen.“

Das lässt sich auch mit bildgebenden Verfahren wie der Elektroenzephalografie (EEG) zeigen. Schon kleinste Bewegungen der Gesichtsmuskeln, die wir von unserem Gegenüber „kopieren“, lassen sich so nachweisen. Das passiert blitzschnell: In nur 300 bis 400 Millisekunden ist eine mit freiem Auge oft nicht einmal erkennbare Reaktion messbar. Das Gegenüber bewirkt dabei meist mehr als ein Witz: „Das Lachen anderer ist der effektivste Auslöser für Lachen“, so die Forscherin.

Trauer nimmt Frauen mehr mit

Sich von Emotionen anderer anstecken zu lassen hilft auch, deren Einstellungen und Ziele im Alltag besser zu verstehen. Das ist aber nicht nur bei Fröhlichkeit so, sondern auch bei Trauer – und von dieser lassen sich Frauen übrigens leichter mitreißen als Männer, das haben Studien gezeigt. „Dabei, wie sehr das Lachen ansteckt, gibt es aber keinen messbaren Unterschied zwischen den Geschlechtern“, sagt Papousek. Gemeinsam mit ihrem Team will sie verstehen, warum der Emotionsregulationsmechanismus bei Männern und Frauen mitunter anders funktioniert. Auch darüber hinaus gebe es sehr große Unterschiede, wie stark sich Menschen von den Gefühlen anderer mitreißen lassen.

Von Lachen lassen wir uns jedenfalls lieber anstecken als von Negativem: „Lachen erzeugt im Gehirn einen positiven, belohnenden Effekt“, erklärt die Psychologin. Gemeinsames Lachen unter Freunden sei etwa Ausdruck des Miteinanders, zeige, dass man aufeinander zählen kann, und stärke die Bindung. Menschen, die sich kaum von Emotionen anderer anstecken lassen, hätten wiederum häufiger Schwierigkeiten im Sozialleben.

Lachen kann aber auch bedrohlich auf andere wirken. Gelotophobie (gelos, griechisch für Lachen) ist die Angst vor dem Lachen anderer. Zwischen fünf und sieben Prozent der Mitteleuropäer leiden darunter. „Bei Betroffenen dringen die gutmütigen Anteile des Lachens kaum durch. Sie nehmen nur Gehässiges, Aggressives wahr.“ Das Gehirn lässt in erster Linie negative Informationen durch, die Menschen fühlen sich ausgelacht und reagieren gereizt.

Tatsächlich sei Lachen auch im Alltag nicht immer freundliches Lachen, sondern meist ein Gemisch an lustigem, gutmütigem bis hin zum gehässigen, mitunter bösen Lachen. Um Gelotophopie in Experimenten zu untersuchen, brauchen die Forscher aber „reines“ Lachen. Wie bekommt man das? Durch sorgfältige Auswahl jener, die in den Versuchen vor anderen lachen. Die Wissenschaftler machen dazu ein Art Pre-Test, in dem sie untersuchen, wie deren Lachen auf andere wirkt. Wird es als harmlos und gutmütig wahrgenommen, wird die Versuchsperson ausgewählt. Freilich bekommt sie dann auch noch eine klare Anleitung, wie sie lachen soll.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2016)

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