Genie ist ein Fluch, eine Verdammnis

Leicht, zügig, assoziationsreich: Wolf Wondratscheks „Selbstbild mit russischem Klavier“.

Wien ist ein Großreich für Kaffeehauskönige. Hier werden, begleitet von raunenden Imperativen und dem Zeitungsrascheln, Reiche erobert und leichthändig wieder verspielt. Das Herrschaftsgebiet ist das Wort, gemünzt oder ungemünzt.

Hier findet auch der Dichter und Wahlwiener Wolf Wondratschek seit Jahren die rara avis für seine Menschenbilder. Diesmal ist es ein russischer Pianist. Ein heimatloser Fremder sitzt dem Erzähler in Wien gegenüber, ein Klaviervirtuose, der nun, alt und krank, von den Ärzten zu einem Leben jenseits aller Freuden und Vergnügungen verurteilt wurde. „Stell dir einen gutmütigen alten Mann vor, einen Russen, mit von seinen Großvätern ererbten asiatischen Gesichtszügen, das Produkt sich über Generationen untereinander vermischender Volksstämme, ein Kind der russischen Steppe, aufgewachsen weit hinter dem Ural, mehr ruhend als reitend auf einem Yak. Nichts an dem Mann deutet auf eine Fähigkeit hin, die, an einem Konzertflügel sitzend, von Nutzen sein könnte.“

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