Wie Gänse auf Hasch

Der Franke Matthias Egersdörfer und der Schotte David Keenan, beide um 1970 geboren, erinnern sich in ihren Büchern – aus recht unterschiedlichen Blickwinkeln – an das Aufwachsen und erste kulturelle Prägungen.

Der fränkische Kabarettist Matthias Egersdörfer ist 1969 geboren, wuchs im Nürnberger Land auf und legt nun einen „Roman meiner Kindheit“ mit dem Titel „Vorstadtprinz“ vor. Der 1971 geborene Schotte David Keenan, später Musikjournalist und Rundfunkreporter, setzt mit dem Roman „Eine Impfung zum Schutz gegen das geisttötende Leben, wie es an der Westküste Schottlands praktiziert wird“ der in der nicht gerade bedeutenden Stadt Airdrie aufwachsenden Post-Punk-Generation ein Denkmal – anhand einer Band, die so prototypisch beschrieben wird, dass es sie gar nicht geben musste: „Memorial Device“. Die frühen Achtzigerjahre spielen also in beiden Büchern eine zentrale Rolle – und unterscheiden sich um Welten. Hier die betuliche CSU-Gartenlaube in der Kohl-Republik, dort die von Margaret Thatcher nach dem Sieg im Falkland-Krieg mit dem Kampf gegen die Bergarbeitergewerkschaft kaputtisierte Gesellschaft, die Jahrzehnte später zur vollen Brexit-Welke kommen sollte.

Egersdörfer greift dabei auf die Zeit weit vor seiner Geburt zurück und schildert den Grund seiner Existenz: Die Eltern waren auf Skiurlaub in Österreich. Der Vater, ein Schreibwarenvertreter, konnte an einem Tag wegen Nebel und Schneefall nicht die sonnigen Hänge genießen und widmete sich dafür eindringlich seiner Frau, die „auf eine barocke Art verschwenderisch prall“ war. „So wurde ich möglicherweise gezeugt, In einer Mischung aus schlechtem Wetter, Langeweile und Unachtsamkeit.“ Nicht viel anders hat Laurence Sterne Mitte des 18. Jahrhunderts im Roman „Tristram Shandy“ seinen Helden auf die Welt kommen lassen. Damals war das erfrischend neu.

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