Was ich lese

Ich habe eben die letzten Zeilen von Edward St. Aubyns – aktuell mein Lieblingsautor – Trilogie Never Mind, Bad News und Some Hope gelesen.

Ich habe eben die letzten Zeilen von Edward St. Aubyns – aktuell mein Lieblingsautor – Trilogie Never Mind, Bad News und Some Hope (Heinemann Verlag, London) gelesen. Elegant und schaurig faszinierend seziert der 1960 in Cornwall als Sohn einer hochadeligen Familie geborene Schriftsteller mit eiskaltem Messer unsere Upperclass, die alles tut, um eine Fassade aufrecht zu halten; dahinter jedoch, nur zehn Zentimeter unter der Oberfläche, tun sich Abgründe auf.

St. Aubyn erzählt beeindruckend und in verfeinerter Sprache über Missbrauch, Drogensucht und die Vergewaltigung seines Protagonisten Patrick Melrose durch dessen Vater ebenso wie über einen Lebenswandel zwischen Etikette und Untergrund. Er beschreibt eine erodierende Körper- und Persönlichkeitsstruktur, die kaum mehr zusammenhält, was ihr zugemutet wird. Ebenso Gefühlskälte, Borniertheit und Grausamkeit.

Sein Sprache ist geprägt von Süffisanz, Sarkasmus und trockenem britischem Humor, etwa als Melrose bei der Einreise nach New York auf die Frage nach dem Grund dafür – „Business or pleasure?“ – mit „Neither, I am here to collect my father's corpse“ bei der Passkontrolle antwortet. Oder als er mit den sterblichen Überresten durch New York schlendernd feststellt, noch nie so ein enges Verhältnis zu seinem Vater gehabt zu haben wie in diesem Moment.

Dass diese mit vielen Tabus brechende und gleichzeitig höchst amüsante Erzählung auch noch autobiografischer Natur ist, gibt den Büchern einen zusätzlichen Schock. Perfekte Prosa! ■

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2012)

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