Treffer: Der fleißigste Vater der Welt

Wie angenehm und vorteilhaft es sein muss, wenn man Wochen voller Ruhe vor sich hat, abseits von Menschen und vom Trubel Zeit und Muße findet, um ein literarisches Werk zu verfassen und dazu ganz nebenbei Geld verdienen kann, indem man einfach auf ein Hotel aufpasst – sozusagen fürs Housesitting bezahlt wird.

In den Bergen angekommen, werden der Familie von einem Angestellten, der über den Winter auch nicht da sein wird, die Hausgebräuche eingetrichtert. Für Essensvorräte ist bestens gesorgt, zumal der Winter hier lang und hart und eine Abfahrt ins Tal praktisch unmöglich ist. Viel zu tun scheint im großen Anwesen nicht zu sein, dafür bleiben umso mehr Räume für Erkundungen.

Vor allem für ein Kind muss es aufregend sein, wenn es einige Zeit an einem anderen Ort verbringen und neue Spielplätze entdecken kann. Auch im Garten gibt es einiges zu sehen, etwa ein großes Labyrinth. Allerdings herrschen zumeist eisige Temperaturen, und Schneestürme ziehen über die Berge herein, dass es praktisch unmöglich ist, sich im Freien aufzuhalten.

Seltsam erscheint da nur, dass ein bestimmtes Zimmer gemieden werden sollte und dass sich der Vater mit der Zeit etwas anders als gewohnt benimmt. Auf einmal will er seine Familie nicht mehr um sich haben, verbannt sie aus seinen Arbeitsräumlichkeiten, wo er seinen Roman fertigstellen will. Die Gattin wundertsich wohl, geht der Veränderung abernicht auf den Grund.

Indes verfolgen den kleinen Sohn Alpträume, nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag. So trifft er auf zwei Mädchen, die unbedingt wollen, dass er mit ihnen spielt, doch auf einmal liegen sie regungslos da, bevor das irreale Bild wiederum verschwindet. Der Bub denkt an den Hotelangestellten, der zu Beginn die Hausgebräuche erläutert hat: Dieser fandes keineswegs seltsam, dass der Bub Dinge sieht, die nicht real sind.

Dann macht die Mutter eine schauerliche Entdeckung: Der Vater hat auf unzähligen Seiten mit seiner Schreibmaschine immer wieder nur denselben Satz geschrieben. Schließlich sterben der Vater und der Angestellte, während Mutter und Sohn aus der verschneiten Bergwelt flüchten. ■


Wer traf wen beinah mit der Axt? Welches Buch, welcher Film? Der eine Satz?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2017)

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