Moderner als Otto Wagner?

(C) Wolfgang Freitag
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Der vor 100 Jahren verstorbene Otto Wagner wird dieser Tage – gebührend – nicht zuletzt durch Ausstellungen geehrt. Was sich allerdings jenseits seiner Wiener Schlüsselbauten von Stadtbahn bis Postsparkasse architektonisch begab, ist kaum je im Fokus der Aufmerksamkeit. Zeit für eine Revision.

In Großausstellungen werden heuer die vor 100 Jahren gestorbenen Heroen von „Wien um 1900“ gefeiert. Um der Rückvergewisserung Tiefenschärfe zu geben, lohnen Blicke auf zeitgleiche Phänomene, die im historischen Streit um den Stil der Zeit und bis heute eher unterbewertet sind. Innerhalb der Recherche für die große Retrospektive „Otto Wagner“ im Wien Museum war es möglich, ein solches Wiener Phänomen zu studieren: den Bauboom innovativer Mehrzweckhäuser 1909 bis 1914.

Es sind dies zwei Dutzend Gebäude im Stadtkern. An ihnen manifestierte sich eine Synthese technologischer und kultureller Modernisierung. Es waren durchwegs Pionierbauten in der damals brandneuen Eisenbetontechnik. Mit armiertem Beton wurde es möglich, die tragenden Massen gegenüber dem Ziegelbau stark zu reduzieren. Größere Nutzlasten und Spannweiten konnten mit kleineren Dimensionen bewältigt werden. Die Substanz der Häuser lockerte sich. Aus Mauerbauten wurden Gerüste, deren statische Fixierung auf Knotenpunkte in weitmaschigen Netzwerken schrumpfte. So konnten die Grundrisse offener, die Räume elastischer werden.

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