Marko Arnautovic ist erstmals Österreichs Fußballer des Jahres

Marko Arnautovic ist Fussballer des Jahres.
Marko Arnautovic ist Fussballer des Jahres. APA/ROBERT JAEGER
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Die heimischen Trainer wählten den England-Legionär vor David Alaba und Xaver Schlager auf Platz eins. Das einstige "enfant terrible" ist zum Führungsspieler im ÖFB-Team gereift.

Marko Arnautovic ist zum ersten Mal zu Österreichs Fußballer des Jahres gekürt worden. Der Wiener gewann die unter den Trainern der zwölf Bundesligisten durchgeführte Wahl mit 36 Punkten klar vor Rekordsieger David Alaba (Bayern München/16 Punkte) und Xaver Schlager (Red Bull Salzburg/10).

Sechs Coaches setzten Arnautovic auf Platz eins, darunter Ranko Popovic vom SKN St. Pölten. "Das Talent war bei ihm nie eine Frage. Ich glaube, dass er aber auch als Mensch gereift und verantwortungsbewusster geworden ist", sagte der Serbe und vermutete: "Er wird in Zukunft noch besser werden."

"Arnautovic macht den Unterschied"

Für den schillerndsten heimischen Kicker des vergangenen Jahrzehnts markiert die Ehrung wohl auch den Endpunkt seiner Wandlung vom "Enfant terrible" zur Führungspersönlichkeit im ÖFB-Team. Marko Arnautovic ist nicht mehr nur Polarisierer und Schlagzeilen-Lieferant, er ist rot-weiß-rotes Aushängeschild in der Premier League und Hoffnungsträger in der EM-Quali.

Nicht immer verfügte der Sohn eines Serben und einer Wienerin über ein derart hohes Standing bei seinen Mannschaftskollegen oder in der Öffentlichkeit. Arnautovic galt ÖFB-intern lange als hochtalentierter, aber anstrengender, weil exaltierter Zeitgenosse, dem Ex-Teamkapitän Christian Fuchs einst im Scherz einen "gesunden Poscher" attestierte.

Sein überbordendes jugendliches Selbstvertrauen sorgte für manche Reibereien, so etwa im März 2011, als es unmittelbar nach dem 0:2 in Istanbul in der Kabine zu einem heftigen Konflikt zwischen Arnautovic und Stefan Maierhofer kam. Irritationen gab es auch abseits des Rasens: Einen Polizisten soll er 2012 bei einer Auto-Routinekontrolle in Wien mit den Worten "Ich kann dein Leben kaufen" bedacht haben. Damals, in seiner Zeit bei Werder Bremen, war der mittlerweile 29-Jährige Stammgast in den Klatschspalten der "Bild"-Zeitung.

Tore statt Skandale

Die Situation hat sich längst geändert: Arnautovic ist verheiratet und Vater zweier Mädchen im Alter von sechs und drei Jahren. Regelmäßig betont der England-Legionär seine Verantwortung und Vorbildwirkung für die Töchter und würde ihnen gerne seine früheren Eskapaden verheimlichen - am besten dadurch, Google verbieten zu lassen, wie er einmal schmunzelnd am Rande eines ÖFB-Pressetermins erzählte.

Zumindest beim News Alert der Suchmaschine würden seine Kinder nicht mehr fündig werden. Arnautovic liefert keine Skandale mehr, also muss sich der Boulevard schon über ein spätabendliches Treffen mit Edin Dzeko empören, um mit dem ehemaligen "Bad Boy" Auflage zu machen.

Für Aufregung sorgt Arnautovic nur noch auf dem Platz. Bei West Ham United wurde er in der Vorsaison von den Fans zum besten Spieler seines Clubs gewählt, obwohl Österreichs teuerster Fußballer unmittelbar nach seinem 28-Millionen-Wechsel von Stoke City im Sommer 2017 noch Startschwierigkeiten gehabt hatte. Doch der Offensivspieler mit einer kolportierten Wochengage von knapp 110.000 Euro hat sich mit beständig starken Leistungen längst in die Herzen der "Hammers"-Anhänger und angeblich auch in die Notizbücher von Top-Vereinen gespielt.

"Charakter eines Kindes"

Zu einer der besten europäischen Adressen hatte es Arnautovic schon einmal geschafft, und zwar 2009/10 zu Inter Mailand. In dieser Spielzeit holten die Italiener das Triple aus Meisterschaft, Cup und Champions League, wobei es der zu Saisonbeginn verletzte Österreicher nur auf drei Einsätze in der Serie A brachte und in Cup und Champions League Zuschauer blieb. Der damalige Inter-Trainer Jose Mourinho ortete bei Arnautovic den "Charakter eines Kindes".

Es war zumindest der Charakter eines Menschen, der schon in jungen Jahren einiges erlebt hatte. In Wien-Floridsdorf aufgewachsen, war Arnautovic ständig in Fußball-Käfigen zu finden und machte Bekanntschaft mit dem Gesetz der Straße. "Ich habe nicht viel auf meine Eltern gehört und war immer draußen. Einige meiner Freunde sind ins Gefängnis gegangen", erzählte der ÖFB-Star.

Auch er selbst hätte durchaus auf die schiefe Bahn geraten können, sagte Arnautovic der APA . "Es wäre vielleicht so gewesen, hätte ich es nicht als Fußballer geschafft. Ich hatte damals nicht so ein gutes Umfeld. Jetzt danke ich tausend Mal meiner Familie und Gott, dass es nicht so gekommen ist."

77-facher ÖFB-Teamspieler

Kein Wunder also, dass Familie und Glaube die Eckpfeiler im Leben des 77-fachen ÖFB-Teamspielers (20 Tore) sind. "Diese beiden Dinge sind für mich das Wichtigste. Jeder in meiner Familie ist gläubig." Dementsprechend sieht Arnautovic auch seine Anfang Dezember erlittene Muskelverletzung, die ihn noch einige Tage außer Gefecht setzt, als göttliche Fügung.

Durch die Zwangspause bot sich für den serbisch-orthodoxen Christen nämlich die Gelegenheit, eine langwierige Knieblessur auszuheilen. "Mein Physiotherapeut hat oft zu mir gesagt, ich soll mir eine Auszeit nehmen, aber ich wollte immer weiterspielen. Im Endeffekt war es Gottes Entscheidung. Er hat gesagt, ich muss dir diese Verletzung geben, damit du ein paar Wochen nicht spielen kannst und dein Knie auskurieren kannst. Das war ein Zeichen, und ich bin dankbar dafür."

(APA)

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