Anstoß

Skandale zur Geisterstunde

Die Leichtathletik-WM in Doha: Absurd, verlogen – und pervers.

Die Leichtathletik-WM in Doha hinterlässt nach wenigen Wettkampftagen bereits einen schalen Nachgeschmack: arm an Zuschauern, dafür reich an Problemen. Es ist ein Irrsinn unter absurden Bedingungen, mit Dopingverdacht behafteten Siegern und übermotivierten Kampfrichtern.
Diese WM dient als Exempel dafür, dass Freiluft-Hochleistungssport nichts in einem Wüstenstaat verloren hat. Doch die Verantwortlichen reagieren weder auf Kritik noch serienweise in Rollstühlen abtransportierte Sportler. 18 Geher mussten nach Mitternacht, bei 31 Grad, zum Arzt geschoben werden. Von 68 Marathonläuferinnen kamen nur 40 ins Ziel. Zu viel der Tortur.

Hat Russlands Dopingmanipulation vor der WM noch alle empört, soll jetzt dem neuen 100-m-Weltmeister Chris Coleman applaudiert werden. Allein dass der Amerikaner starten durfte, ist ein Skandal. Es dokumentiert das Ungleichgewicht eines schwammigen Regelwerks: Coleman hatte drei Dopingtests verpasst, weil er für Kontrollore unauffindbar war. Ein „Formfehler“ der US-Dopingjäger rettete jedoch sein WM-Ticket.

Dass ein Kampfrichter den besten Diskuswerfern der Welt, darunter Lukas Weißhaidinger, deren im Training noch erlaubtes Arbeitsgerät für den Bewerb verbietet, mag mit dem Blick auf die Regelkunde noch irgendwie erklärbar sein. Endgültig erübrigt hat sich jede Diskussion jedoch, wenn es um Kameras in Startblöcken geht. Sie filmen Sportler von unten und durch ihre Beine.

Voyeurismus, Läufe zur Geisterstunde, leere Ränge, geheuchelte Doping-Märchen und Gejammer über fehlende Entertainer à la Usain Bolt – das bleibt von dieser WM in Erinnerung, und sicher nicht der Sport.

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