Team-Torhüter: Konkurrenz belebt das Geschäft

APA/ERWIN SCHERIAU
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Österreichs Fußballtorhüter genossen viele Jahre nicht den besten Ruf. Mit Heinz Lindner, Richard Strebinger und Cican Stankovic schickt sich unter Teamchef Franco Foda nun ein Trio an, das Renommee im Tor nachhaltig zu steigern.

Bis auf Weiteres gilt die Frage nach der Nummer eins im Tor der österreichischen Fußballnationalmannschaft als geklärt. Heinz Lindner wird am Dienstag zum Nations-League-Auftakt in Bosnien-Herzegowina zum 21. Mal das Teamdress tragen, daran gibt es nach seinem Auftritt beim 2:0 gegen Schweden vergangenen Donnerstag keine Zweifel. Mit spektakulären Flugeinlagen machte Lindner die zwei besten Chancen der Schweden zunichte und erklärte damit die Tormannfrage vor dem ersten Pflichtspiel unter Teamchef Franco Foda für beendet. Seine Konkurrenten, Richard Strebinger und Cican Stankovic, müssen sich gegenwärtig mit der Zuschauerrolle abfinden.

Franz Gruber, Torwarttrainer der Wiener Austria, kennt Lindner aus gemeinsam Tagen bei den Violetten. Bis 2015 bestritt der Schlussmann insgesamt 202 Pflichtspiele für die Veilchen, wurde 2012/2013 unter Peter Stöger Meister und spielte in der darauffolgenden Saison in der Champions-League-Gruppenphase. Lindner, sagt Wegbegleiter Gruber im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“, habe sich über die Jahre „sehr gut entwickelt“, obwohl es nach seinem Abgang aus Favoriten vor drei Jahren sportlich besser hätte laufen können. In Frankfurt kam der Oberösterreicher in zwei Saisonen auf nur drei Pflichtspiele, der finnische Nationaltorhüter Lukáš Hrádecký sei bei der Eintracht eine „unüberwindbare Hürde“ gewesen. Lindners damaliger Schritt ins Ausland glicht laut Gruber „ein bisschen einer Flucht“, weil sich auch Teamkollegen wie Markus Suttner (Ingolstadt), James Holland (Duisburg) oder Daniel Royer (Midtjylland) nach Veränderung sehnten. Obwohl ohne Spielpraxis, hatte sich Lindner während seiner Zeit in Frankfurt neben Hrádecký im Training weiterentwickelt, „die Früchte erntet er jetzt in der Schweiz“.

Denn seit Sommer 2017 steht der 28-Jährige bei Grasshopper Zürich im Tor – und spielt. Gruber verfolgt die Karriere seines Ex-Schützlings auch nach dem Abgang aus Favoriten aufmerksam, er stellt fest: „Heinz hat sich mit dem Fuß sehr stark weiterentwickelt.“ Diesen Eindruck bestätigte ihm im persönlichen Gespräch auch Thorsten Fink, Trainer in Zürich und bis Februar Coach der Violetten. Was Lindner sonst auszeichnet? „Seine Stärken liegen auf der Linie und beim eins gegen eins.“ Bei hohen Bällen, die scharf in den Strafraum getreten werden, ortet Gruber nach wie vor leichte Schwächen. „Da ist er manchmal noch zu zögerlich.“


Ein Duo drängt nach. Mit 1,87 Metern zählt Lindner gewiss nicht zu den Größten im Torwartgeschäft, ein Gardemaß gebe es aber ohnehin nicht, erklärt Gruber. Als Paradebeispiele dienen Marc-André ter Stegen (1,87 m) und Jasper Cillessen (1,85 m), die beide beim FC Barcelona unter Vertrag stehen. Eine Ausnahme sei womöglich die englische Premier League, dort sind aufgrund der Spielweise größere und stämmigere Torhüter bevorzugt.

Neben Lindner vertraut Teamchef Foda im aktuellen Lehrgang Rapids Richard Strebinger und Cican Stankovic von Meister Salzburg. Dass dieses Trio beim Nationalteam noch öfters zusammentrifft, gilt gegenwärtig als durchaus wahrscheinlich, machten doch auch Strebinger und Stankovic in der laufenden Saison schon oftmals auf sich aufmerksam. Der Niederösterreicher Strebinger entschloss sich schon als 15-Jähriger zu einem Wechsel nach Deutschland, sammelte wertvolle Spielpraxis in der zweiten Mannschaft von Hertha BSC und Werder Bremen (zwei Bundesligaspiele).

Über Drittligaklub Jahn Regensburg landete Strebinger 2015 in Hütteldorf, wo er unumstritten zu den Leistungsträgern zählt. „Die erfolgreiche Qualifikation für die Europa League kann man auch ihm zuschreiben“, weiß Gruber, der bei Strebinger Parallelen zu Lindner sieht. „Auch er ist auf der Linie stark, im eins gegen eins sogar noch etwas brutaler als Heinz.“ Entwicklungspotenzial habe der 25-Jährige noch beim Herausspielen, „aber mit Helge Payer hat er einen hervorragenden Torwarttrainer“.

Der Dritte im Bunde, Cican Stankovic, hat einen besonders eindrucksvollen Aufstieg hinter sich. Über Klubs im Tullnerfeld und den SV Horn landete er 2013 in Grödig, wo der gebürtige Bosnier zwei starke Saisonen spielte und so das Interesse von Red Bull Salzburg weckte. Nach drei Jahren des Wartens und geringen Einsatzzeiten ist Stankovic in der laufenden Spielzeit die uneingeschränkte Nummer eins, in der Vorsaison hatten sogar noch die Wiener mit einer Verpflichtung des 25-Jährigen („Wir haben ihn einige Male beobachtet“) spekuliert. Die Vorzüge des 1,86 Meter großen Schlussmanns seien augenscheinlich. Gruber: „Er hat enorme Reflexe auf der Linie, ist mit seinen fast schon krakenartigen Händen prädestiniert, unhaltbare Bälle zu halten.“ Und Stankovics Mankos? „Wenn er unter Druck gesetzt wird und rausspielen muss, bekommt er noch Probleme. Auch bei hohen Bällen kann er sich noch steigern. Aber bei Salzburg hat er eine Riesenchance, weiter zu reifen, auch international.“

Die Zukunft der Torhüter im österreichischen Nationalteam sieht Franz Gruber positiv. Ständig an die goldene Generation mit Wohlfahrt, Konsel, Konrad und Knaller zu erinnern, mache keinerlei Sinn. „Wir sind auf einem guten Weg, es wächst schon etwas heran. Man muss den Spielern bloß auch die nötige Zeit geben.“ ?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2018)

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