EM-Kader: „Nicht die Besten, aber die Richtigen“

(c) GEPA (Guenter Artinger)
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Teamchef Josef Hickersberger nominierte einen 31-Mann-Kader für die Euro 2008 mit Ivica Vastic und drei Neulingen – aber ohne Paul Scharner.

WIEN. Ehe die Feierlichkeiten zu Josef Hickersbergers 60. Geburtstag beginnen, fielen im Vorfeld der Euro 2008 die ersten wichtigen Personalentscheidungen. Der Teamchef gab in einem Wiener Hotel am Stadtpark unter dem Lärm von Bauarbeiten seine erste EM-Auswahl bekannt. „Eine gute Vorbereitung auf andere Baustellen“, lautete der zynische Kommentar des Amstettners. 31 Mann dürfen sich nun berechtigte Hoffnungen auf einen EM-Startplatz machen, unmittelbar vor dem Großereignis muss der Kader noch um acht Spieler reduziert werden. Als Stichdatum wurde der 28. Mai von der Uefa fixiert.

Im Dorf hilft kein Maulkorb

„Ich habe vielleicht nicht die besten Spieler Österreichs nominiert, sondern mich bemüht, die Richtigen auszuwählen. Und das müssen nicht immer die Besten sein“, führte Hickersberger aus. „Und dieser Kader zeigt, dass Österreich ein kleines Dorf ist – sonst hätten sich gewisse Informationen nicht so schnell herumgesprochen.“ Eine Anspielung auf Ivica Vastic, mittlerweile 38 Jahre alt, zuletzt im August 2005 für Österreich im Einsatz. Der „Superoldie“, wie ihn der Teamchef in den vergangenen Monaten bezeichnet hat, wird für die Euro reaktiviert.

Der Teamchef hat die Türe für eine Rückkehr nie zugemacht, vor zwei Wochen hat das entscheidende Gespräch mit dem Lask-Kapitän statt gefunden. Vastic, der immer wieder betont hat, sich gerne in den Dienst der Mannschaft stellen zu wollen, begnügt sich auch mit der Rolle des Jolly Jokers. Und Hickersberger sieht den gebürtigen Kroaten aus Split obendrein als möglichen Ersatz für Andreas Ivanschitz. „Wir müssen für alle Eventualitäten gerüstet sein!“ Vastic verfüge über Routine, Erfahrung und Übersicht, „er könnte dem Team helfen. Nicht nur auf dem Rasen, sondern auch schon in der Vorbereitung.“

Hickersberger weiß, dass Ivica Vastic am besten als hängende Spitze hinter einem Solostürmer zur Geltung kommt, Gefahr strahlt er auch bei Standardsituationen aus. „Im Moment steht eine Euro vor der Türe“, so der Teamchef. „Da kann man nicht nur perspektivisch denken.“ Dem Kolumnisten hatte er in den vergangenen Tagen übrigens einen Maulkorb verpasst – „und Ivo hat nichts verraten.“ Ein offenes Geheimnis war seine Nominierung dennoch. Der Entschluss, den Routinier zu holen, ist vor allem nach den Niederlagen gegen Deutschland und Holland gereift. Einen Profi, der in entscheidenden Momenten den Ball halten kann, kann Rotweißrot in Stresssituationen sicher brauchen.

Josef Hickersberger verlässt mit dieser Entscheidung ein wenig seinen Weg, er selbst sieht das nicht so. „Ich sammle meine Zitate nicht“, schmettert er Kritik ab. „Und warum verlasse ich meine Linie? Meine Linie interessiert mich nur, wenn ich auf meine Figur schaue.“ Er müsse vorsorgen. Und letztlich hat er – für den Fall, dass bei der EM einiges schief laufen sollte – den Kritikern den Wind aus den Segeln genommen.

Interner Qualifikationskampf

Der fast 60-Jährige erinnerte bei dieser Gelegenheit an die Qualifikation zur WM 1990 in Italien. Damals reaktivierte Hickersberger für einige Spiele einen gewissen Herbert Prohaska. „Ich habe eine junge Mannschaft aufgebaut – und diese Linie wird fortgesetzt. Ein Superoldie ist dabei – aber eben nicht mehr!“ Man kann davon ausgehen, dass Vastic auch den Sprung ins 23-Mann-Aufgebot schafft.

Für andere beginnt nun der interne Qualifikationskampf. Montag und Dienstag stehen leistungsdiagnostische Tests auf dem Programm. Vom 11. bis 16. Mai steigt für die Bundesliga-Spieler das Trainingslager auf Sardinien, die elf Legionäre stoßen unmittelbar danach zum Team.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2008)

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