Werner Gregoritsch: „Bin weder enttäuscht noch neidig“

Teamtraining unter Palmen: das ÖFB-Team stimmt sich in Marbella auf die Ära Franco Foda ein.
Teamtraining unter Palmen: das ÖFB-Team stimmt sich in Marbella auf die Ära Franco Foda ein. (c) APA/ROBERT JAEGER
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Wäre Willi Ruttensteiner ÖFB-Sportdirektor geblieben, hätte sich U21-Trainer Werner Gregoritsch Hoffnungen auf den Teamchefposten machen dürfen. Ein „Presse“-Gespräch.

Wien. Seit 30. Oktober, also seit nunmehr eineinhalb Wochen, steht Franco Foda als neuer Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft fest. In der öffentlichen Diskussion, wer denn Marcel Kollers Erbe antreten könnte, fiel von den Befürwortern einer rot-weiß-roten Lösung gelegentlich auch der Name Werner Gregoritsch. Und tatsächlich, der 59-Jährige hätte intakte Chancen auf eine Bestellung zum Teamchef gehabt, wäre Willi Ruttensteiner heute noch Sportdirektor des ÖFB. Gregoritsch wäre ein ernsthafter Kandidat gewesen, das weiß er aus persönlichen Gesprächen mit seinem Fürsprecher, der letztendlich allerdings durch Peter Schöttel ersetzt wurde.

Als die Teamchef-Debatte losgetreten wurde, hatte sich Gregoritsch, seit bald sechs Jahren Teamchef der U21-Auswahl, „natürlich Gedanken gemacht“. Er hatte insgeheim auf den großen Sprung auf der Karriereleiter gehofft, so abwegig wäre ein solcher seiner Meinung nach nicht gewesen. „Ich habe als U21-Trainer 109 Punkte in 54 Spielen geholt, das ist der beste Punkteschnitt in der ÖFB-Geschichte.“ Und, das mögen viele vergessen, er sei besonders reich an Erfahrung. Gregoritsch verweist auf über 300 Bundesligaspiele als Trainer von GAK, Mattersburg und Kapfenberg. „Ich glaube, es gibt wenige Trainer, die so viel miterlebt haben. Von der U10 bis hin zur Kampfmannschaft habe ich alles trainiert.“

Fodas Absichten

Ein Gespräch mit Schöttel blieb jedoch aus, Gregoritsch fand sich nicht auf der zehn Namen umfassenden Liste wieder, welche der Sportdirektor ausgearbeitet hatte. Der Steirer hegt jedoch keinen Groll, „ich bin weder enttäuscht noch neidig“. Die von Schöttel bei der Pressekonferenz genannten Kandidaten „hätten es alle verdient gehabt, Teamchef zu werden“. Mit der Lösung Foda könne Gregoritsch jedenfalls sehr gut leben, man kennt und schätzt einander. Als Gregoritsch in Graz den GAK und später Kapfenberg trainierte, war man Gegner. Heute teile man den Arbeitgeber. „Wir hatten immer ein sehr respektvolles und gutes Verhältnis.“ Der Austausch zwischen Foda und Gregoritsch wird künftig regelmäßig stattfinden, es geht schließlich darum, welche Spieler der U21 zur Verfügung stehen – und welches System vom A-Team abwärts in den Nachwuchsauswahlen praktiziert werden soll.

Unter Koller hatte sich das 4-2-3-1-System bald durchgesetzt und auch lange Zeit bewährt, Fodas Absichten sind noch unklar. „Es ist keine Pflicht, aber gewisse taktische Schwerpunkte vom A-Team zu übernehmen ist absolut sinnvoll. Ich möchte mit der U21 ähnlich wie das A-Team spielen“, sagt Gregoritsch, der optimistisch in die Zukunft blickt, weil sein Kader Mut macht. Spieler wie Maximilian Wöber, Philipp Lienhart oder Konrad Laimer haben bereits Erfahrungen im A-Team gesammelt. Mit Xaver Schlager, Sandi Lovric oder Dominik Prokop drängen schon die nächsten Talente nach.

Dass ein anderer Hochbegabter, der bei Bayern München unter Vertrag stehende 19-jährige Tiroler Marco Friedl, auf Sicht der nächste Linksverteidiger im Nationalteam werden könnte, möchte Gregoritsch nicht unterschreiben. Große Karrieren zu prophezeien sei unmöglich und letztlich unseriös.

Ein Umweg als Ausweg

Mahnende Beispiele gibt es sonder Zahl. Der ehemalige Gregoritsch-Schützling in der U21, Ylli Sallahi, hatte bei den Bayern unter Pep Guardiola sogar in der Bundesliga gespielt, dreieinhalb Jahre später ist er vereinslos. „Friedl hat auf alle Fälle großes Potenzial, aber er muss den nächsten Schritt machen und in einer Profimannschaft spielen.“ Um ans Ziel zu kommen, erweist sich nicht selten ein Umweg als richtig. David Alaba hat erst sein sechsmonatiges „Praktikum“ in Hoffenheim zum Stammplatz bei Bayern verholfen.

Auch Werner Gregoritschs Sohn, Michael, scheint nach Stationen in St. Pauli, Bochum und Hamburg erst in Augsburg glücklich zu werden. Der 23-Jährige ist einer der wenigen Kandidaten, die im Nationalteam für eine Position im Angriff infrage kommen. Gregoritsch senior sieht für den Junior „eine Chance, dem Teamchef zu zeigen, was er draufhat“. Am besten könne er sich entfalten, wenn er einen laufstarken Stürmer wie Guido Burgstaller neben sich wisse. Diese Kombination „könnte funktionieren“.

Zur Person

Werner Gregoritsch, 59, trainierte u. a. GAK, Mattersburg und Lask, seit 2012 ist er Coach der U21. In der EM-Qualifikation stehen wichtige Spiele bevor. Am Freitag empfängt das Team in der Südstadt Serbien, am Dienstag gastiert man in Mazedonien. „An guten Tagen können wir gegen jeden Gegner bestehen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2017)

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