Peter Stögers riskante Rückkehr zum Verteilerkreis

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Peter Stöger, 53, wird am Dienstag als Austrias neuer Sportvorstand präsentiert. Seine vierte Mission in Favoriten ist heikel: Die Erwartungen sind grenzenlos, Mittel und Zeit jedoch limitiert.

Wien. Peter Stöger kehrt nach Favoriten zurück. Der Wiener, 53, wird neuer Sportvorstand bei den Violetten – nichts anderes ist bei dem für heute, Dienstag, 15 Uhr, anberaumten Termin in den VIP-Räumlichkeiten des Stadions zu erwarten. Der Posten des Sport-Vorstands war bei Austria seit der Pensionierung von Thomas Parits 2015 nicht mehr besetzt, Stöger soll als Gegenpol zu Markus Kraetschmer auftreten, der für wirtschaftliche Belange verantwortlich ist und in den vergangenen Jahren vorrangig über sportliche Enttäuschungen berichten musste. Ob Austria mit Stöger die Trendwende gelingt?

Der Ex-Teamspieler (65 Einsätze, 15 Tore) hatte Austria 2013 zuletzt zum Meistertitel geführt und danach den Sprung ins Ausland gewagt. Das Angebot, den 1. FC Köln aus der zweiten deutschen Liga ins Oberhaus zu führen, war seine große Chance. Er führte die „Geißböcke“ sogar in den Europacup zurück, war in Köln der gefeierte Mann – bis zu viele Spielerverkäufe zum Aus führten.

Am 3. Dezember 2017 erfolgte die Trennung, doch nur sieben Tage später war Stöger wieder im Geschäft – als Dortmund-Trainer. Er führte den schwer kriselnden BVB in sieben Monaten zurück in die Champions League. Stöger trug dennoch laut „Bild“-Zeitung stets ein „Ablaufdatum“. Er passe nicht zum BVB, dem Hype und dieser Gier nach Offensive. Mit Saisonende war das für Stöger offenbar zu nervenaufreibende Hickhack Geschichte.

Eine sehr lange Auszeit

Seit Mai 2018 hatte diese Auszeit nun Bestand. Seine Aussagen zufolge war es „eine wichtige Zeit“, zum Erholen und Nachdenken. Je länger er fern der Stadien blieb, desto lauter wurde über seine Karriere spekuliert. Ist sie vorbei, hat er zu lang gewartet? Angebote gab es, von Rapid, aus Saudiarabien, China, der englischen Championship, doch bei keinem lief es auf einen Job hinaus. Die Gründe dafür kennt nur Stöger, sie hatten private – Partnerin Ulrike Kriegler ist Kabarettistin – und professionelle Natur. „Es muss eine Herausforderung sein“, wiederholte er stets. Er wolle „Freiheiten“ haben.

Gebetsmühlenartig dementierte er in den vergangenen Monaten Spekulationen über die Rückkehr zur Austria. Es sei „interessant, aber nichts unterschrieben“, diese Aufgabe habe ihren Reiz – er ließ sich stets eine Hintertür offen. Würde er zurückkommen, dann weder als Trainer (das ist Christian Ilzer) noch als Sportdirektor (das ist vorerst Ralf Muhr). Sondern als Vorstand – nach dem Beispiel, wie er es in Dortmund kennengelernt hat. Verantwortlich für Transfers, Nachwuchskonzepte und Ideen, um einen Verein zu führen, voranzubringen. Zuletzt spießte es sich angeblich noch an Details, andere sprachen von Haftungen. Um Geld, sagt Stöger, sei es ihm nicht gegangen.

Vorstand als „Königstransfer“?

Ob die Rückkehr nach Österreich (Motto: In der Not) für einen, der bei Deutschlands bester Adresse gearbeitet hat, einen Rückschritt bzw. das Ende aller Auslandsaktivitäten darstellt, bleibt abzuwarten. Wer hätte denn zu Zeiten, in denen Stöger für Vienna oder GAK in der Regionalliga gearbeitet hat, zu träumen gewagt, dass er einmal Dortmund trainieren würde?

Aus dieser Sicht ist der Auftritt bei Austria nicht nur heikel, sondern auch arbeitsintensiv: Die Serie der Rückschläge am Verteilerkreis ist lang. Bedingt durch fragwürdige Neuverpflichtungen, monotone Spielweisen und der skurrilen Eigenart mancher Trainer und Sportdirektoren. Jetzt dient Stöger zum vierten Mal in Favoriten als neuer Wegweiser, diesmal auf der Tribüne. Allerdings: Gilt ein Funktionär als „Königstransfer“ – so wichtig Stöger mit Aura, Know-how und Kontakten ist –, scheint über die Kunst der neu geholten Spieler in Wahrheit schon fast zu viel gesagt.

Ob Stöger in der Kürze, die Saison hebt am Samstag gegen Aufsteiger WSG Tirol an, noch Änderungen vornehmen wird, kann oder soll? Klublegenden wie Herbert Prohaska prangerten dieses Zeitmanagement und das Ausbleiben vielversprechender Transfers (nur ablösefreie Spieler kamen ob des engen Etats) bereits an.

Dreimal war Stöger mit Austria Meister als Spieler, 2006 als Sportdirektor und 2013 als Trainer, genießt Ansehen bei den Fans – jetzt ist er jedoch mehr gefordert denn je. Er kennt den Klub, die Liga, die Mechanismen. Stöger ist ein Vollprofi, aber kein Zauberer. Zumindest ist er jetzt wieder im Geschäft – und vielleicht doch noch irgendwann ÖFB-Teamchef.

Zur Person

Peter Stöger, 53, wird am Dienstag als Austrias neuer Sportvorstand vorgestellt. Der Wiener war mit Violett Meister als Spieler, Trainer und Sportdirektor.

2013 wechselte er zum 1. FC Köln und führte den Klub in die Bundesliga zurück. Mit Dortmund erreichte er 2018 einen Champions-League-Platz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2019)

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