Die EM-Qualifikation wird für Österreich zum Zitterspiel

FUSSBALL-EM-QUALIFIKATION: POLEN - OeSTERREICH
FUSSBALL-EM-QUALIFIKATION: POLEN - OeSTERREICHAPA/ROBERT JAEGER
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Österreichs Nationalmannschaft hat nach zuletzt drei Siegen in der EM-Qualifikation beim Gruppenersten Polen ein Unentschieden erspielt. Aber wie viel ist dieser Punkt wert?

Österreichs Fußballnationalmannschaft hat Montagabend in der Qualifikation für die EM 2020 beim Gruppenersten Polen in Warschau ein 0:0-Unentschieden erspielt. Wie viel dieser Punktgewinn letztlich wert ist, wird sich erst mit Fortdauer dieser Qualifikation zeigen. Denn im Parallelspiel besiegte Slowenien die von Andreas Herzog trainierten Israelis mit 3:2 und übernahm den zweiten Tabellenplatz, einen Punkt vor Österreich. Am 10. Oktober empfängt die ÖFB-Elf in Wien Israel, drei Tage später muss das Team in Laibach bestehen.

Teamchef Franco Foda war im Vergleich zum 6:0 gegen Lettland am Freitag zu einer personellen Veränderung gezwungen. Für den an Wadenproblemen leidenden Martin Hinteregger rutschte Stefan Posch in die Mannschaft. Hintereggers Ausfall bereitete vor dem Anpfiff doch Sorgen, der Kärntner hatte sich in den vergangenen Jahren als Abwehrchef entpuppt. Für den 22-jährigen Posch war es das zweite Länderspiel, er bildete mit Aleksandar Dragovic die Innenverteidigung. Alle Sorgen waren letztlich unbegründet, der Hoffenheim-Legionar machte ein starkes Spiel und empfahl sich für weitere Aufgaben.

Zuerst Pech, dann Glück

An System (4-2-3-1) und Spielweise der Österreicher änderte die Umstellung nichts. Die ÖFB-Elf entwickelte in Warschau Zug zum Tor, sie trat vor allem in der ersten Halbzeit über weite Strecken dominant auf. Ein erster Abschluss von Marko Arnautovic ließ nur knapp 180 Sekunden auf sich warten. Der zweite, ein Kopfball, landete am Lattenkreuz (10.) – Pech für Österreich.

Die Gäste blieben die tonangebende Mannschaft, auch David Alaba versuchte sich (18.). Und die Polen? Sie spielten einstweilen Verstecken, standen tief in der eigenen Hälfte, machten die Räume eng. Unter Teamchef Jerzy Brzęczek legt die Nummer 20 der Fifa-Weltrangliste kaum Wert auf Ballbesitz, dafür wird das schnelle Umschaltspiel forciert. Am Ende hatte Österreich 63 Prozent Ballbesitz.

Ihre Idee des Fußball präsentierten die Polen erstmals in Minute 29: Ein öffnender Pass auf den schnellen Grosicki, eine Flanke auf Lewandowski – und ein Kopfball über das Tor. In neun von zehn Fällen nutzt Lewandowski eine solche Chance – Glück für Österreich. Wo in dieser Situation Rechtsverteidiger Stefan Lainer war, warum die Absprache zwischen Dragović und Posch nicht funktionierte, diese Fragen wird Foda seinen Spielern nach den 90 Minuten in Warschau noch gestellt haben.

Die Polen hatten nun eine kurze, aber intensive Drangphase. Weil Kapitän Julian Baumgartlinger ein Kopfballduell gegen Glik verlor, musste Cican Stankovic im Tor der Österreicher in höchster Not retten (31.). Im Gegenzug scheiterte Valentino Lazaro mit seiner Volley-Abnahme am starken Schlussmann Fabiański (34.).

In der zweiten Halbzeit entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, auch die Polen erhöhten nun die Frequenz. Arnautović (49./66.) scheiterte gleich mehrfach an Fabiański, bei West Ham United bis vor wenigen Monaten noch Teamkollege des Wieners. Auf der Gegenseite klärte Posch (52.) vor der Linie. Lewandowski war nun bei Posch und Dragović bestens aufgehoben.

Showdown in den nächsten zwei Monaten

Das österreichische Spiel wusste durchaus zu gefallen, der letzte Pass aber kam zu selten an, um den starken Fabiański vor eine womöglich unlösbare Aufgabe zu stellen. Beide Mannschaften spielten bis zur Schlussminute auf Sieg, ohne aber das letzte Risiko einzugehen. „Wir sind sehr gut reingestartet in diese Partie, haben auch den Willen gezeigt, auswärts gewinnen zu wollen. Manchen Konter hätten wir nicht zulassen dürfen. Schade, dass es am Ende nicht zum Sieg gereicht hat“, bilanzierte Lazaro. Arnautović konnte mit dem Punkt „gut leben“. Die vergangenen Spiele haben ihn zuversichtlich gestimmt. „Wir waren wieder das bessere Team.“

Die Polen (13 Punkte) mag dieses Unentschieden womöglich noch mehr zufriedenstellen, weil der Vorsprung auf die Österreicher weiterhin drei Punkte beträgt. Für die ÖFB-Mannschaft entwickelt sich die laufenden EM-Qualifikation zum Zitterspiel. Weil Slowenien gegen Israel dank einem Tor in der 90. Minuten noch 3:2 gewann, ist Österreich in der Gruppe G einen Punkt hinter den Slowenen (11 Punkte) nun Dritter. Dahinter lauern Nordmazedonien und Israel mit jeweils acht Punkten auf den Rängen vier und fünf.

("Die Presse", Printausgabe 10.9.2019)

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