Islands Handball-Deckung und Afrikas Zaudern

Schon nach wenigen Spielen dieser Fußball-WM sind einige Trends deutlich geworden.
Schon nach wenigen Spielen dieser Fußball-WM sind einige Trends deutlich geworden.(c) REUTERS (CARL RECINE)
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Das erste Achtel dieser WM hebt die Bedeutung von Standardsituationen hervor und zeigt, mit welcher Taktik Lionel Messi zu isolieren ist. Cristiano Ronaldo greift nach der Torjäger-Krone, aber warum blieben 6000 Sitzplätze leer?

Moskau/Wien. Schon nach wenigen Spielen dieser Fußball-WM sind einige Trends deutlich geworden. Standardsituationen erleben eine gewaltige Neuaufwertung, sie sorgen öfter als gewohnt für Torjubel. Späte Tore, zumeist in den letzten zehn Spielminuten, verändern den Charakter der Partie. Nicht immer ist ein Star auch Rettungsanker einer schwächelnden Größe.

Die „Presse“ analysiert die ersten neun WM-Partien:

Taktik

Taktik und Aufstellungen bestimmen vor dem Anpfiff mehr denn je die Überlegungen der Trainer. Kroatiens „Offensiv-Hammer“ mit vier Stürmern gegen Nigeria war der Gipfel dessen. Die Abwehrformation der Isländer gegen Argentinien das exakte Gegenteil. Es erinnerte phasenweise sogar an ein Handballspiel mit einer klassischen 6:0-Deckung am Kreis. Island positionierte mitunter zehn Mann im eigenen Strafraum. Da gab es für die „Albiceleste“ eben kein Durchkommen. Messi wurde in Doppeldeckung und ihm damit die Spiellust genommen. Diese Taktik werden andere kopieren.

Standardsituationen

Spielaktionen nach ruhenden Bällen erleben bei dieser WM zwar keine Renaissance, sind aber noch wichtiger geworden. Elf von 22 Toren fielen an den ersten vier WM-Tagen nach Standards, davon wurden vier Elfmeter verwandelt – und zwei (Messi, Cueva) kläglich vergeben. Bei der WM 2014 in Brasilien fielen 38 von 171 Toren nach Standards, also 22 Prozent. 2018 werden es weitaus mehr sein.

Späte Tore

Bei der WM in Russland geht der Trend zum späten Jubel. In jedem der ersten vier Turnierspiele fiel ein Treffer nach der 87. Minute. Alleine in der Nachspielzeit durften Teams dreimal feiern: Russland traf beim 5:0 über Saudiarabien zweimal nach der 90. Minute, Marokkos Aziz Bouhaddouz sorgte per Eigentor in der 95. Minute für den iranischen 1:0-Sieg. 2010 in Südafrika wurden über das komplette Turnier sechs Tore in der Nachspielzeit der zweiten Halbzeit erzielt, 2014 in Brasilien waren es bereits zwölf.

Spiel der Stars

Jede Mannschaft hat ihre Stars. Nur was, wenn sie nicht in Form sind, keine Lust haben oder, etwa wie im Fall von Lionel Messi, so nachhaltig vom Gegner aus dem Spiel genommen werden? Dann wird schnell deutlich, dass Ideen und Pässe fehlen. Das ist Argentiniens erschreckendes Manko. Ohne Messi ist es chancenlos.

Auf der WM-Bühne entscheiden Stars aber mitunter die Spiele. Cristiano Ronaldo ist weiter in Hochform. Der beste Torschütze der Champions League glänzte mit beeindruckenden Antritten, Pässen und einem Triplepack für Portugal. Wird Portugals EM-Macher jetzt auch WM-Torschützenkönig?

Afrika: Kein Sieg, kein Tor

Für Afrikas Teams wird diese WM ein sehr schweres Turnier. Ägypten (0:1 gegen Uruguay), Marokko (0:1 gegen Iran) und das absolut harmlose Nigeria (0:2 gegen Kroatien) starteten torlos mit Niederlagen. Tunesien ist bloß Außenseiter in der Gruppe mit England und Belgien. Was gelingt dem Senegal?

Leere Sitzplätze

Viele Sitze blieben überraschend leer. Bei der Partie Ägypten – Uruguay blieben 6000 Plätze frei. Preis- und Verkaufspolitik der Fifa, Personalisierung der Karten, Visum, Anreise, dafür gibt es viele Gründe. Über 5000 verkaufte Tickets seien nicht genutzt worden, verteidigte sich die Fifa. Zwei der ersten acht Spiele, Russland gegen Saudiarabien und Argentinien gegen Island, waren hingegen in wenigen Minuten ausverkauft. Sie fanden in Moskau statt und nicht in Jekaterinburg. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2018)

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