Neue Zeitrechnung in Augusta

Im kommenden Jahr dürfen erstmals Spielerinnen vor der weltberühmten Blumenkulisse abschlagen.
Im kommenden Jahr dürfen erstmals Spielerinnen vor der weltberühmten Blumenkulisse abschlagen.(c) REUTERS (MIKE SEGAR)
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Auf dem Platz des prestigeträchtigen Masters wird ab 2019 ein Frauengolfturnier ausgetragen. Lang hat sich der traditionsreiche Klub in den Südstaaten dem Geist der Zeit verwehrt, nun öffnet sich Spielerinnen die größte Bühne ihres Sports.

Tradition wird im Augusta National Golf Club großgeschrieben. 1934 wurde erstmals das Masters in Augusta, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Georgia, ausgetragen, heute ist es das Majorturnier mit dem größten Prestige und der einzige der vier großen Golfbewerbe, der alljährlich in der ersten vollen Aprilwoche auf demselben Platz stattfindet. Eingebettet zwischen Magnolien und Azaleen ist der Par-72-Kurs nicht nur einer der tückischsten, sondern auch einer der berühmtesten der Welt. Jedes der 18 Löcher ist nach einer Blume benannt, genau solche Details machen den Mythos von Augusta aus. Der Platz ist abseits der Turnierwoche exklusiv den rund 300 Mitgliedern, darunter Wirtschaftsgrößen wie Warren Buffett oder Bill Gates samt Gästen vorbehalten.

Wer Einlass in das Klubhaus am Ende der Magnolia Lane erhält, wähnt sich in einer anderen Zeit. Sind während der Masters-Woche die strengen Regeln für Gäste („patrons“), wie die Zuschauer hier genannt werden, kurios bis erheiternd – keine Handys, kein Laufen –, bleibt sonst viel vom Privatklub im Dunkeln. Aus seiner konservativen Einstellung machte der Vorstand jedoch in der Vergangenheit nie einen Hehl, umso überraschender kam nun die Ankündigung, ab 2019 in Augusta ein Frauenturnier auszutragen.


Amateurinnen machen Anfang. Im ersten Schritt wird ein internationales Starterfeld von 72 Amateurinnen quasi als Vorprogramm eine Woche vor dem Masters abschlagen, nach zwei Runden auf einem Platz in der Nähe küren die Top 30 im Finale an der legendären Magnolia Lane die Siegerin. „Wir sind uns sicher, dass dieses Event einen erheblichen und andauernden Einfluss auf die Zukunft des Frauengolfs haben wird“, sagte Fred Ripley, seit letztem August neuer Vorsitzender und selbst Vater dreier Töchter („Keine sehr guten, aber passionierte Spielerinnen“).

Mittelfristig sollen auch die Profis profitieren, wie genau, blieb offen. Schließlich verfügt die Frauen-US-Tour (LPGA) bereits über fünf Majors, im Gegensatz zu den Männern zählen nur zwei (British Open, Evian Masters) für die European Tour; das erste des Jahres, das ANA Inspirations, steigt zum avisierten Termin des neuen Turniers. Spielraum schafft nicht nur der prominente Name, sondern auch, dass das Maximalpreisgeld mit fünf Mio. Dollar (US Open) noch deutlich unter dem der männlichen Kollegen liegt. Ripley versicherte, dass es zu keinerlei Terminkollisionen kommen werde, und warb zugleich mit einer Liveübertragung aus Augusta. „Unsere Gründer haben uns das Vermächtnis hinterlassen, Golf nachhaltig mitzugestalten. Das Event soll Frauen, die den Sport lieben, anspornen und andere dafür begeistern.“

Obgleich noch viele Fragen offen sind, fielen die Reaktionen positiv aus. „Fantastisch! Das wird die nächste Generation der Spielerinnen inspirieren und den Blick der Welt auf Frauengolf grundlegend verändern“, twitterte Suzy Whaley, Vizepräsidentin der Professional Golfers' Association und damit die erste gewählte Frau in einem PGA-Amt. Die European Tour freute sich über „sehr begrüßenswerte und interessante Neuigkeiten“. Die Exgolferin und zehnmalige Majorsiegerin Annika Sörenstam aus Schweden nannte es gar eine „historische“ Entscheidung.


Ein Klub denkt – langsam – um. Um die Tragweite von Ripleys Vorstoß zu verstehen, braucht es nur einen Blick in die Geschichte des Augusta National Golf Club. Erst 1990 wurde Afroamerikanern die Aufnahme gestattet – 15 Jahre nachdem Lee Elders als erster Schwarzer am Masters teilgenommen hatte. „Solang ich lebe, sind die Spieler weiß und die Caddies schwarz“, lautete einst die Parole von Clifford Roberts, dem Mitbegründer des Privatklubs. Noch länger mussten Frauen warten. Als der Druck durch Kampagnen wie jene von Frauenrechtlerin Martha Burk und Sponsoren wuchs, erhielten 2012 die frühere US-Außenministerin Condoleezza Rice sowie die Unternehmerin Darla Moore als Erste die Mitgliedschaft. Zuvor waren Frauen nur als eingeladene Begleitung geduldet.

Den tatsächlichen Stellenwert des Frauenturniers in Augusta wird die Zukunft zeigen, das traditionelle grüne Jackett aber bleibt künftigen Siegerinnen vorenthalten. Stattdessen wird es eine eigene Trophäe geben, eine „sehr, sehr schöne“, wie Ripley versicherte.

Überraschung

Wiesberger besser als Woods
Bernd Wiesberger lag nach der
zweiten Runde in Schlagdistanz, mit 143 Schlägen (–1) war der Burgenländer als 14. im Spitzenfeld dabei.

Er war damit fünf Schläge besser als Tiger Woods, der sich in den Cut zitterte. In Führung lag Patrick Reed (USA/–9).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2018)

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