Toni Sailer ist tot: Legende schon zu Lebzeiten

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Trauer um Toni Sailer, der als dreifacher Olympiasieger und siebenmaliger Weltmeister Skigeschichte geschrieben hat. Das Jugendidol war auch eine Art Symbolfigur für den Wiederaufbau.

Vier Jahre lang hat er gegen seine schwere Krankheit gekämpft, aber der Krebs ließ sich letztlich nicht aufhalten oder besiegen. Toni Sailer, einer der erfolgreichsten Skisportler aller Zeiten, ist am Montag im Alter von 73 Jahren verstorben, die Chemotherapien in Innsbruck haben nicht zum erhofften Erfolg geführt. Die Krankengeschichte hätte er zuletzt am liebsten für sich behalten, „weil ich die Mitmenschen damit nicht belasten will“, hat er noch vor einem Jahr erklärt. „Die Frage ist außerdem: Wie stehst du zu deinem Leben?“

Sailer, Sohn eines Spengler- und Glasermeisters, war schon zu Lebzeiten eine Legende. Der „schwarze Blitz“ aus Kitz hat in seiner nur fünf Jahre dauernden Karriere mit drei Olympiasiegen in Cortina d'Ampezzo und sieben Weltmeistertiteln Skigeschichte geschrieben, er war einer der erfolgreichsten Sportler aller Zeiten. Mehr WM-Siege als Sailer hat keiner geholt. Kein Killy, kein Aamodt, Thöni oder Stenmark. Nach seinem Rücktritt machte der Tiroler als Film- und Theaterschauspieler sowie als Sänger im Showgeschäft eine zweite Karriere. Ein Star in der breiten Öffentlichkeit wurde Sailer durch seine Auftritte in Heimatfilmen und als Schlagerstar.

Sondersendung in Orf 2

Der ORF strahlt eine Sondersendung zu Toni Sailer aus. Toni Sailer - Eine Legende. In memoriam Toni Sailer

Dienstag, 25. August, 20:14
Mittwoch, 26. August, 9:32

Seiner Zeit voraus

Im Alter von zwei Jahren stand der kleine „Tonai“ erstmals auf Skiern, als Zwölfjähriger hatte er sich die fixe Olympia-Idee in den Kopf gesetzt. „Der Traum von der Goldmedaille hat mein Leben bestimmt. Und wenn sie mich eingesperrt hätten, so hätte ich einen Weg gefunden, um herauszukommen.“

Als Rennläufer war Sailer die personifizierte Konsequenz. In aller Früh lief er durch die nahen Wälder, den Trainingsanzug versteckte er stets in der Scheune. Und in Kitzbühel meinten alle nur: „Der spinnt, der geht schon wieder trainieren.“ Der ganze Körper wurde geschunden, im Ausnahmeathleten steckte auch ein Leichtathletikliebhaber und leidenschaftlicher Geräteturner. „Den Siegeswillen muss man in einer Zeit aufbauen, in der der Winter noch weit ist.“

Toni Sailer war einer der ersten Rennläufer, die sich vor dem Start „eingefahren“ oder Gymnastik betrieben haben. Er hat nichts dem Zufall überlassen, das reichte bis zur Atemtechnik. Damit war der Kitzbühler der Konkurrenz voraus. Vor allem in Cortina. Der damals 20-Jährige triumphierte in Abfahrt, Riesentorlauf und Slalom, auch die nichtolympische Kombination wurde zu seiner Beute. „Dreimal Gold – und ich wollte sofort aufhören. Gut, dass es drei Medaillen waren: eine für den Vater, eine für die Mutter – und für mich blieb auch noch eine.“

„Worauf etwas einbilden?“

Der junge Held von Cortina mit der weißen Zipfelmütze wurde ein Jahr nach Unterzeichnung des Staatsvertrages zu einer Art Symbolfigur für den Wiederaufbau. Und zu einem Jugendidol der Nachkriegszeit. Massenhysterie war die Folge, bei der Heim-WM in Badgastein regnete es noch dreimal Gold und einmal Slalom-Silber. Unmittelbar nach der WM wurden die Kinohits „Der schwarze Blitz“ und „12 Mädchen und ein Mann“ gedreht, Sailer übersiedelte nach München, später nach Berlin, letztlich wurden es 22 Hauptrollen in Kinofilmen und 18 Schallplattenaufnahmen. Der Star wurde angehimmelt, vor allem in Japan verehrt. Dort war die Popularität grenzenlos. „Sie kommen aus Österreich? Wir lieben Mozart und Toni Sailer!“, bekam man beispielsweise auch bei der Ski-WM 1993 in Morioka öfters zu hören.

Nach dem Showbusiness produzierte der Filmheld in Kanada Skilatten, später wurde er Technischer Direktor beim ÖSV (in dieser Zeit wurde Franz Klammer Olympiasieger), Skischulleiter in Kitzbühel („Rote Teufel“), Vorsitzender des FIS-Alpin-Komitees. Über 20 Jahre lang war der „Jahrhundertsportler“ und begeisterte Golfer Hahnenkamm-Rennleiter.

Erst vor wenigen Monaten hat Toni Sailer, der 2004 als Bürgermeister von Kitzbühel kandidieren wollte, vom ÖSV den „Schneekristall des Skisports“ verliehen bekommen. Ruhm hat den frühen Popstar des Sports nie verändert. „Ich wüsste nicht, worauf ich mir etwas einbilden sollte.“

Slalom 1956 in Cortina d'Ampezzo

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2009)

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