Der globale Glamour der NBA-Stars

Mit seinem Auftritt beim Spiel gegen die Washington Wizards in der US-Hauptstadt setzte LeBron James ein Zeichen für Gleichheit und gegen Rassismus.
Mit seinem Auftritt beim Spiel gegen die Washington Wizards in der US-Hauptstadt setzte LeBron James ein Zeichen für Gleichheit und gegen Rassismus.USA TODAY Sports
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In den USA haben die Basketballer den Footballern und Baseballern den Rang abgelaufen – in der weltweiten Wirkung ohnehin.

Grimmige Kälte hält zurzeit den Norden Amerikas bis hin nach Florida im Griff, und die Entscheidungsphase im Football (NFL) erwärmt vorerst nur die Herzen der Hardcore-Fans in den Stadien. Die New England Patriots um Star-Quarterback Tom Brady, die neulich für ein Spektakel in letzter Sekunde gesorgt haben, steuern wieder auf Titelkurs: Sie marschieren in Richtung Super Bowl, der am 4. Februar im frostigen Minneapolis über die Bühne gehen wird. Auch die Pittsburgh Steelers und die Minnesota Vikings haben sich für die Play-offs qualifiziert. Die größte Euphorie herrscht indessen dort, wo die Temperaturen am tiefsten sind – in Buffalo, zwischen Ontario- und Eriesee an der eisigen kanadischen Grenze, wo die Bills seit fast 20 Jahren erstmals wieder um den Titel mitspielen.

Die Basketball-Stars der NBA haben den Football-Helden, wegen der kurzen Saison ohnehin kaum mehr als vier Monate im Einsatz, indessen längst den Rang abgelaufen. An Popularität und in puncto Glamourfaktor sind LeBron James, Stephen Curry, Kevin Durant, Kyrie Irving, James Harden oder Russell Westbrook souverän die Nummer eins in der Sportnation USA. In den sozialen Netzwerken haben sie die größte Anhängerschaft. Der 33-jährige James – der berühmteste Sportler des Landes – zählt beinahe 100 Millionen Follower in den sozialen Medien. Bei den Zuschauerzahlen liegt Basketball bereits an zweiter Stelle hinter Football und vor Baseball. Allein heuer stiegen die TV-Quoten um ein Drittel, vor allem bei Fans unter 35 Jahren.


Begehrte Trikots. Inzwischen denkt die NBA – wie einst die NFL – an eine Expansion nach Europa und Mexiko, an Teams in London und Mexico City, wo sie heuer schon Ligaspiele ausgetragen hat. Unabhängig davon ist die NBA zur globalen Marke avanciert, populär auf allen fünf Kontinenten – insbesondere bei Kids und Teenagern, die auf ihren Smartphones Livespiele verfolgen, die für sie oft zu nachtschlafener Zeit stattfinden. Trikots von LeBron James sind längst so begehrt wie jene von Lionel Messi oder Neymar.

James nutzt seine Beliebtheit mittlerweile auch für politische Botschaften. Im Spätsommer hatte er sich dezidiert gegen Donald Trump ausgesprochen und ihn als „Arsch“ beschimpft, als der Präsident via Twitter gegen angeblich unpatriotische – meist afroamerikanische – Sportstars im Football und Basketball schäumte. Kurz vor Weihnachten setzte der Superstar der Cleveland Cavaliers dann ein Zeichen, als sein Team in Washington gegen die dortigen Wizards spielte und siegte. Demonstrativ trug er einen weißen und einen schwarzen Schuh mit der Aufschrift „Equality“. Damit wollte er, wenige Hundert Meter vom Weißen Haus entfernt, auf die Gleichheit der Rassen und Geschlechter hinweisen.

James war sich seiner Wirkung in der Basketballarena vollauf bewusst: „Wir wissen natürlich, wo wir gerade stehen. Und wir wissen, wer am Ruder ist. Es geht darum zu verstehen, wofür wir stehen und wie stark wir als Männer und Frauen sind: schwarz, weiß oder hispanisch. Die Rasse spielt keine Rolle.“ Die Wahl Donald Trumps hat auch die Sportwelt polarisiert und politisiert.


Gesprächsstoff. Waren die NBA-Manager einst besorgt, ihr Sport könnte zu sehr von schwarzen Spielern dominiert sein und Hip-Hop einen schlechten Einfluss auf ihre Aushängeschilder ausüben, hat sich das Image inzwischen gewandelt. Die NBA-Spiele, die Auftritte der Superstars und ihre Tricks und spektakulären Dunks sind Gesprächsstoff in Büros und Schulen.

Ob Isaiah Thomas, der Spielmacher der Cleveland Cavaliers, nach halbjähriger Verletzungspause ein furioses Comeback feiert, ob LeBron James seinen Zenit überschritten hat, ob Stephen Curry oder James Harden verletzt ausfällt und dadurch das jeweilige Team – die Golden State Warriors und die Houston Rockets – entscheidend schwächt; ob die Siegesserie der Boston Celtics abreißt oder die Los Angeles Lakers irgendwann wieder aus ihrem endlosen Tief herauskommen, und ob Oklahoma Thunder um den Titel mitspielen kann: Das tägliche Auf und Ab der Sportwoche, in der die Teams bis zu drei Partien spielen, beschäftigt nicht nur die Reporter, sondern mehr noch die Fans.

Die Saison ist noch nicht einmal bei der Halbzeit abgekommen. Doch es zeichnet sich bereits ab, wer in den Play-offs ab Ende April den Ton angeben könnte: Titelverteidiger Golden State Warriors, die wahrscheinlich bald aus Oaklands Bay Area ins gegenüberliegende San Francisco übersiedeln werden, wo die geballte Macht und die Finanzkraft des Silicon Valley zu Hause sind. Daneben werden in der Western Conference die Houston Rockets, die San Antonio Spurs und Oklahoma Thunder um den Titel mitspielen. In der Western Conference gelten die Boston Celtics und die Cleveland Cavaliers als gesetzt. Die Toronto Raptors, der Pöltl-Klub, schlägt sich bisher durchaus recht beachtlich.

Am Weihnachtstag kam es bereits zum Schlagabtausch der deklarierten Favoriten, zur Neuauflage der vorjährigen Finalserie und zur Wiederholung des Weihnachtsmatchs 2016. In Oakland triumphierten die Warriors über die Cavaliers mit 99:92, und dabei mussten die Sieger ohne ihren Superstar, Stephen Curry, auskommen. Das Duell war bewusst inszeniert: So wie die NFL mit einer Football-Schlagerpartie das sportliche Ritual zum Thanksgiving-Feiertag liefert, so bietet Basketball neuerdings zu Weihnachten in den USA Abwechslung und Entspannung zur Familienfeier.

Die Inszenierung mit allem Brimborium gehört zum US-Sport – und Basketball ist dabei keine Ausnahme. Als die Lakers jüngst ihren Ex-Superstar Kobe Bryant ehrten, indem sie seine Trikotnummer einzogen, war das Staples Center in Downtown Los Angeles brechend voll. Vorn auf der Spielerbank hatte der 39-Jährige mit seiner Familie Platz genommen, und in der Arena kam eine Stimmung auf, welche die aktuelle Mannschaft nicht hervorzuzaubern vermag. Sie liegt wieder auf dem letzten Platz in der Western Conference. Es wurden Erinnerungen wach an Wilt Chamberlain, Kareem Abdul-Jabbar, Magic Johnson, Shaquille O'Neal – und Bryant, der in 20 Jahren fünf Titel für die Lakers geholt hatte.

Am 18. Februar werden die Superstars beim jährlichen All-Star-Game im Staples Center gastieren, eine Mega-Show mit Dunking-Wettbewerben. Schon jetzt läuft die Wahl für die Auswahlteams der Western und Eastern Conference, die dabei aufeinandertreffen. In Führung der Fan-Wertung liegt aber nicht LeBron James, sondern ein möglicher Nachfolger: Giannis Antetokuonmpo, der 23-Jährige von den Milwaukee Bucks mit dem schier unaussprechlichen Namen, dessen Eltern aus Nigeria nach Griechenland auswanderten und der jetzt wie kein Zweiter die globale Marke NBA symbolisiert.

LIGA-STAND

Basketball. In der Eastern Conference der NBA (National Basketball Association) führen die Boston Celtics vor den Toronto Raptors (Pöltl-Klub), den Cleveland Cavaliers und den Washington Wizards. In der Western Conference liegen mit den Golden State Warriors die Titelverteidiger voran. Dahinter folgen die Houston Rockets, die San Antonio Spurs und die Minnesota Timberwolves.

Football. Am 6/7. Jänner steigt in der NFL (National Football League die erste Playoff-Runde mit den Paarungen Kansas City Chiefs – Tennessee Titans, Buffalo Bills – Jacksonville Jaguars, LA Rams – Atlanta Falcons und New Orleans Saints – Carolina Panthers. New England Patriots, Pittsburgh Steelers, Minnesota Vikings und Philadelphia Eagles haben ein Freilos.

Super Bowl
am 4. Februar
in Minneapolis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.01.2018)

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