Cricket: Unterhosenskandal im Gentleman's Sport

Steve Smith, der gefallene Volksheld, ringt nach Erklärungen.
Steve Smith, der gefallene Volksheld, ringt nach Erklärungen.(c) APA/AFP/AFP TV/STR
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Auf frischer Tat ertappt: Australiens Nationalmannschaft, Nummer drei der Welt, hat manipuliert, TV-Kameras haben den Betrug eingefangen. Der Premierminister hat sich eingeschaltet, der so vornehme Cricketsport ist schockiert.

Kapstadt/Wien. Der 25-jährige Werfer Cameron Bancroft galt als aufstrebender Jungstar im Cricketsport. Doch nun ist die Karriere des Australiers wohl nicht mehr zu retten. Im Spiel seiner Nationalmannschaft gegen Südafrika in Kapstadt hatte Bancroft den Ball mit einem gelben Klebeband bearbeitet. „Ball tampering“ heißt das und ist streng verboten, der traditionell rote Lederball, etwas größer als ein Tennisball, aber dreimal so schwer, kann dadurch für den gegnerischen Schlagmann unerreichbar aufspringen.

Dem Schiedsrichter und zahlreichen TV-Kameras ist Bancrofts Versuch nicht entgangen – als er bemerkte, dass er erwischt worden war, versteckte er den Klebebandstreifen in seiner Unterhose, auch das haben die Kameras eingefangen. „Ich bin panisch geworden“, erklärte Bancroft.

Zum Skandal wuchs sich der tollpatschige Versuch aus, weil es Kapitän Steve Smith war, der seinen Werfer dazu veranlasst hatte. Der 28-Jährige ist einer der besten Cricketspieler dieser Tage, längst verdient er Millionen. Seit 2015 ist er Australiens Kapitän und damit der unumschränkte Chef auf dem Platz. Auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz erklärte Smith, dass man beim Mittagessen auf die Idee mit der Manipulation gekommen sei und dass die Trainer rund um Nationalcoach Darren Lehman nichts davon gewusst hätten. „Ich bin nicht stolz darauf, was passiert ist. Meine Integrität wird nun zu Recht angezweifelt, ich bereue die Aktion zutiefst.“

"Schande".
"Schande".(c) AFP (PETER PARKS)

Ab Freitag wird die Länderspielserie zwischen Australien und Südafrika in Port Elizabeth fortgesetzt, Smith trat wie sein Vizekapitän David Warner bereits zurück. Den involvierten Spielern drohen lebenslange Sperren, die Sanktionen des internationalen Verbandes gegen Australien, die Nummer drei der Welt hinter Indien und Südafrika, bleiben abzuwarten.

In der Cricketnation sitzt der Schock tief. Im australischen Fernsehen laufen Sondersendungen, ehemalige Größen des Sports sind bei ihren Auftritten den Tränen nahe. Auf den Titelseiten der Zeitungen war von einer nationalen „Schande“ zu lesen und davon, wie die Spieler ihr Land verraten hätten und wie verdorben das Klima im Nationalteam sei. Auch Premierminister Malcolm Turnbull hat sich geäußert: „Das ist eine schockierende Enttäuschung. Ich erwarte eine deutliche Reaktion von Cricket Australia.“ (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2018)

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