Armageddon auf dem Schachbrett

Schach-Genies im Duell, es stand Remis nach zwölf WM-Partien zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana.
Schach-Genies im Duell, es stand Remis nach zwölf WM-Partien zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana.(c) REUTERS (PAUL CHILDS)
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Ein Tiebreak wird bei der WM in London heute den neuen Weltmeister küren, Magnus Carlsen wähnt sich im Schnell- und Blitzschach gegenüber Fabiano Caruana noch klar im Vorteil.

London. Wer ist der beste Schachspieler der Welt? Die Antwort darauf liefert heute das letzte Kapitel der Schach-WM in London zwischen dem amtierenden Weltmeister, Magnus Carlsen, und seinem Herausforderer, Fabiano Caruana. Nachdem die zwölf regulären Partien mit klassischer Bedenkzeit alle mit einem Remis endeten, entscheidet nun der Tiebreak darüber, wer den Titel gewinnen wird.

Rückblende auf die zwölfte Partie am Montag: Der Norweger Carlsen ist mit Schwarz von Beginn an im Vorteil und hat Caruanas Armee auf dem Brett zurückgedrängt. Außerdem hat er einen großen Vorsprung bei der verbleibenden Bedenkzeit. Alle Zuschauer im Saal und Hunderttausende Fans, die weltweit die Live-Ticker verfolgen, rechnen mit einer dramatischen Schlussphase.

Dann aber die Überraschung: Mit seinem 31. Zug bietet der 27-jährige Carlsen ein Remis an. Der um ein Jahr jüngere Caruana denkt kurz nach, der Italoamerikaner kann das aber unmöglich ablehnen. Es bedeutet: Tiebreak.

Züge, Sekunden, Blitzspiele

Diese Verlängerung bei der WM, die eine Entscheidung erzwingen soll, besteht aus mehreren Schritten. Zuerst werden vier Schnellschachpartien gespielt. Dabei hat jeder Spieler eine Bedenkzeit von 25 Minuten, plus zehn Sekunden Zeitgutschrift pro Zug. Falls danach immer noch kein Sieger feststeht, folgen fünf Blitz-Mini-Matches, zwei Partien mit fünf Minuten Bedenkzeit pro Spieler, drei Sekunden Zeitgutschrift pro Zug.

Falls nach keinem der Mini-Matches ein Sieger feststeht – was unwahrscheinlich ist –, folgt eine sogenannte Armageddon-Partie. Hier hat Weiß fünf Minuten Bedenkzeit und Schwarz nur vier Minuten plus jeweils drei Sekunden Zeitgutschrift ab dem Zug 61. Weiß muss gewinnen, Schwarz reicht dann ein Remis.

Schon 2016 verteidigte Carlsen seinen Titel gegen den Russen Sergej Karjakin im Tiebreak mit 3:1. Damals gab er sogar die zwölfte Partie mit Weiß ohne Kampf remis, um in die Verlängerung zu gehen.

Die Schnellschach-Weltrangliste führt er als klare Nummer eins an, mit einer Elo-Zahl von 2880 – diese Zahl gibt die Spielstärke wieder. Caruana ist in dieser Wertung mit fast 100 Punkten Rückstand nur die Nummer acht. Im Blitzen ist es noch deutlicher. Carlsen ist mit 2939 Punkten die Nummer eins, Caruana mit 2767 die Nummer 16. Außerdem war Carlsen schon dreimal Blitzschach-Weltmeister.

Caruana scheint das alles aber nicht zu beeindrucken. Vor einigen Tagen erklärte der in Brooklyn aufgewachsene Großmeister schon, dass er sich im Tiebreak nicht als Außenseiter sieht. Und der Ausgang der zwölften Partie gab ihm sogar noch Auftrieb. Sollte Caruana tatsächlich gewinnen, könnte er den amerikanischen Schachtraum wiederbeleben: 46 Jahre, nachdem „Bobby“ Fischer in dem als „Match des Jahrhunderts“ apostrophierten WM-Thriller in Reykjavik gegen Boris Spasski triumphierte. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2018)

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