Leichtathletik: Finanzieller Reiz in neuer Dimension

Siebenkämpferin Ivona Dadic strebt nach der ersten ÖLV-Olympiamedaille seit Läuferin Steffi Graf im Jahr 2000.
Siebenkämpferin Ivona Dadic strebt nach der ersten ÖLV-Olympiamedaille seit Läuferin Steffi Graf im Jahr 2000.(c) APA/AFP/BEN STANSALL
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Der Verband lobt für WM und Olympia Prämien in stattlicher Höhe aus. Für die Medaillenhoffnungen Ivona Dadic und Lukas Weißhaidinger ist das eine wichtige Wertschätzung.

Wien. Das große Geld ist in Österreich in den meisten olympischen Disziplinen nicht zu holen. Im Gegensatz zum Fußball oder Tennis sind auch die Leichtathleten froh, wenn Bundesheer oder Polizei für ein Grundeinkommen sorgen und Sponsoren bzw. Förderungen die Ausgaben abdecken. In der im Vergleich zur klassischen Berufswelt kurzen Profi-Karriere Geld für die Zukunft anzusparen, bleibt Wunschdenken. Das Schritt für Schritt zu ändern, hat sich der Österreichische Leichathletik-Verband (ÖLV) zum Ziel gesetzt und mit Helvetia Versicherungen ein neues Prämiensystem geschaffen.

Bei der WM in Doha im September und Olympia 2020 in Tokio geht es für Österreichs Leichtathleten um Prämien in neuer Dimension: Olympiagold wird mit 205.000 Euro, Silber mit 100.000 und Bronze mit 50.000 Euro belohnt, selbst für den besten ÖLV-Teilnehmer gibt es 17.500 Euro und damit mehr als die bisher durch das ÖOC verteilte Philharmoniker im Wert von 17.000 Euro für Gold. Für die nächste WM sind es 75.000/50.000/25.000 Euro – der Weltverband schüttet für Titel 60.000 Dollar (53.000 Euro) aus.

Das letzte Alzerl

„Wir wollen ein neues Denken anregen“, betont ÖLV-Sportdirektor Gregor Högler, die treibende Kraft hinter der Kooperation. Seine Vision umreißt er knackig mit: „Olympiasieger sollen mit dem Porsche zum Training fahren.“ Der Slogan ist freilich nur der plakative Titel, der monetäre Anreiz soll vielmehr „das letzte Alzerl, das noch fehlt, ausmachen“, ist der Ex-Speerwerfer überzeugt. Dass finanzielle Motivation den olympischen Gedanken überlagern könnte, ist für den ÖLV-Sportdirektor Haarspalterei. „Olympia ist ein Riesengeschäft, nur nicht für die Sportler selbst.“

Generell gehe in der heutigen Gesellschaft Nicht-Prämiertes zu schnell unter, dabei sei ein Olympasieg insbesondere ob der Dichte in der Leichtathletik eine „unglaubliche Leistung“. Högler hofft zudem, dass andere Fachverbände nachziehen. Schließlich soll davon nicht nur die Spitze, sondern auf lange Sicht auch der Nachwuchs profitieren. „Sport soll sich als Berufsbild etablieren.“

Eine aussichtsreiche Kandidatin auf die Auszahlung bei kommenden Großereignissen ist Siebenkämpferin Ivona Dadic. Als EM-Dritte 2016 und Hallen-WM-Zweite 2018 hat sie die nächste Medaille im Visier, Geld allein ist für sie aber keinesfalls die Motivation. „Die muss man jeden Tag zu 100 Prozent im Training haben, aber es ist eine schöne Anerkennung und ein Ansporn für junge Sportler“, sagt die 25-Jährige. Sie selbst ist dank privater Sponsoren momentan finanziell gut aufgestellt.

In ihrer WM-Vorbereitung reist Dadic demnächst in die USA, um am Weitsprung zu feilen. Das Mehrkampf-Meeting in Götzis lässt das heimische Aushängeschild wie im Vorjahr aus. „Natürlich ist es sehr schade, aber es passt nicht in den Trainingsplan.“ Für 2019 verspricht sie ein Comeback.

Der goldene Wurf

Der andere große Hoffnungsträger auf eine ÖLV-Medaille ist Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger. Er hat die sportlichen Einbußen nach dem Lehrabschluss und Wechsel zum Profi-Sport selbst erlebt, jede ungeplante Veränderung der Lebenssituation hätte damals das Karriereende bedeutet. Aktuell bedient der 27-Jährige den Kredit für seine Wohnung in der Südstadt. Als Olympia-Sechster von Rio 2016 und EM-Dritter im Vorjahr ist er in der Weltspitze angekommen, finanzielle Anreize sind für ihn ebenso wie das Betreuerteam und die Infrastruktur essenziell. „Leistung gehört immer belohnt“, sagt der Oberösterreicher. „Als Sportler will man alles gewinnen, vielleicht arbeitet man dann noch ein bisschen härter.“

Weißhaidinger eröffnet die Freiluft-Saison am 23. April in Schwechat, bereits Anfang Mai erfolgt in Doha die Generalprobe am WM-Schauplatz. Für 2020 hofft er auf den goldenen Wurf – es wäre erst das zweite Leichtathletik-Olympiagold für Österreich nach Speerwerferin Herma Bauma 1948. „Der Glaube daran ist da“, betont das Kraftpaket. Ob er sich im Erfolgsfall besagten Porsche gönnen würde? „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Toyota.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2019)

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