Liebesgrüße aus Moskaus Labor

Moscow laboratory WADA Russian Anti Doring laboratory Director of the Anti Doping Center in Moscow
Moscow laboratory WADA Russian Anti Doring laboratory Director of the Anti Doping Center in Moscowimago/
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Nur 169 statt 500 Russen sind unter neutraler Flagge bei den Spielen in Korea am Start, das IOC wahrt seine harte Linie. Stars und Politiker protestierten gegen die "Ausladung", vergebens.

Lausanne. Es wurde gemauschelt, geklagt, gejagt, geschimpft, geleugnet – doch der Ausschluss der Nation Russland bei den Winterspielen 2018 blieb aufrecht. Zu gravierend waren die Erkenntnisse der Dopingermittler, zu tiefgreifend die Beweise, die darauf hindeuten, dass Russland jahrelang staatlich gelenktes Doping geduldet habe, dass in Sotschi 2014 unter Zuhilfenahme des Geheimdienstes FSB betrogen wurde und dass Sieger geschützt wurden. Russland muss als Strafe als „neutrale Nation“ in Korea antreten, und das Internationale Olympische Komitee zeigte bei der Einladung dieser Sportler auch eine klare Linie. Nur 169 Russen wurden zugelassen, aber viele Topstars am Wochenende endgültig „ausgeladen“. Zum Vergleich: (das kleine) Österreich entsendet 105 Starter.

Das IOC bestätigte eine entsprechende Liste, die bereits von Russland veröffentlicht worden war. Darauf fehlen Stars wie die aus Südkorea eingebürgerte Shorttrack-Legende Viktor Ahn, Biathlon-Olympiasieger Anton Schipulin oder Langlaufweltmeister Sergej Ustjugow. Ursprünglich sollten 500 Sportler gemeldet sein, zuvor waren bereits 111 Athleten aussortiert worden – angeblich aufgrund vorliegender Daten und Verbindungen zu Dopingmachenschaften. Beim Rest hielt man sich bedeckt, nannte aber diese dahingehenden Beweggründe.

Hintergrund ist der mutmaßlich staatlich orchestrierte Dopingskandal bei den Winterspielen 2014 in Sotschi. Nur nachweislich saubere russische Sportler dürfen demnach in Südkorea als „Olympische Athleten aus Russland“ unter neutraler Flagge und ohne Hymne starten, auf Einladung – für viele Russen kommt das einem Affront gleich. Stars zürnen, Politiker fordern Konsequenzen, nur einer schweigt eisern dazu: Präsident Wladimir Putin.

Steroidprofile und Blutpässe

Der russische Außenpolitiker Alexej Puschkow kommentierte die Entscheidungen des IOC zynisch: „Den Sportlern muss nur noch verboten werden, Russisch zu sprechen. Alle anderen Verbote wurden schon verhängt“, twitterte er. Der Chef des nationalen russischen Sicherheitsrats warf internationalen Sportorganisationen vor, russische Sportler aus politischen Gründen auszuschließen. „Das ist der erste Schritt zum Zusammenbruch der olympischen Bewegung“, zitiert ihn die Agentur Interfax.

Russland, das in Sotschi ursprünglich die Medaillenwertung (13-mal Gold, elfmal Silber, neunmal Bronze) gewonnen hat, steht vor schwierigen Spielen. Erstklassig besetzt ist dennoch das Eishockeyteam mit Stars wie Ilja Kowaltschuk und Pawel Dazjuk. Im Eiskunstlauf gehören die Paarlauf-Europameister Jewgenija Tarassowa/Wladimir Morosow zu den Favoriten, die 15 Jahre alte Eiskunstlauf-Europameisterin Alina Sagitowa und ihre drei Jahre ältere Teamkollegin Jewgenija Medwedjewa machen Olympia-Gold unter sich aus. Im Biathlon sind hingegen nur je zwei Männer und Frauen dabei, sodass es erstmals seit 1968 keine russischen Staffeln geben wird.

Die strikte Vorgehensweise der Prüfkommission unter Vorsitz der ehemaligen französischen Sportministerin Valérie Fourneyron hat in Moskau für Unmut gesorgt. Shorttracker Ahn, sechsmaliger Goldmedaillengewinner, hat sich in einem offenen Brief bei IOC-Chef Thomas Bach beschwert. Alles vergebene Liebesmühe, das IOC bleibt bei seiner „Hardliner“-Auswahl. Warum? Die Kommission hat neben Erkenntnissen von Wada-Ermittler Richard McLaren auch die Daten aus dem Moskauer Analyselabor aus dem Zeitraum von 2012 bis 2015 genutzt, die der Wada zugespielt worden sind. Herangezogen wurden auch Steroidprofile und Blutpässe der Athleten sowie DNA-Analysen von Urinproben. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2018)

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