Freispruch ohne sportlichen Wert

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Der Internationale Sportsgerichtshof hob die lebenslangen Olympiasperren gegen 28 russische Sportler auf. In Pyeongchang dürfen sie auf Geheiß des IOC trotzdem nicht starten.

Lausanne/Wien. Der Skandal um russisches Staatsdoping bei den Olympischen Winterspielen 2014 ist um ein Kapitel reicher. Am Donnerstag hob der Internationale Sportsgerichtshof (CAS) in Lausanne die lebenslange Olympiasperre von 28 Athleten aus Russland, darunter elf Medaillengewinnern von Sotschi, auf und erklärte ihre Ergebnisse von 2014 wieder für gültig. Der CAS betonte im Urteil, dass die Athleten nicht für unschuldig erklärt worden seien, sondern die Beweislage nicht ausreichend sei. In elf weiteren Fällen erkannte der CAS ausreichende Beweise für ein Dopingvergehen vor vier Jahren an und verkürzte die lebenslange Suspendierung zu einem Ausschluss für die kommenden Winterspiele in Pyeongchang.

Insgesamt 42 russische Sportler waren vor den CAS gezogen, nachdem sie vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ausgeschlossen worden waren, weil sie in Sotschi von organisierten Manipulationen profitiert haben sollen. Der Sportsgerichtshof hörte in den vergangenen Tagen 39 Sportler, aber auch Kronzeugen Grigori Rodschenkow, den früheren Chef des Moskauer Dopinglabors, sowie Richard McLaren, Chefermittler der Weltantidopingagentur in der Causa, an.

„Bestärkt allein die Betrüger“

Rodschenkow, der den Fall mit seinen Aussagen 2015 ins Rollen gebracht hat und sich wegen Todesdrohungen in den USA versteckt hält, verurteilte das CAS-Urteil scharf. „Diese Entscheidung bestärkt allein die Betrüger, macht sauberen Athleten das Siegen schwerer und bedeutet einen weiteren unrechtmäßigen Erfolg für das korrupte russische Dopingsystem im Allgemeinen und Putin im Besonderen“, ließ er über seinen New Yorker Anwalt Jim Walden vermelden.

Bei der russischen Regierung sorgte die Aufhebung der Sperren unterdessen für große Erleichterung. „Das Gericht hat die Ehre der Sportler wiederhergestellt“, erklärte Alexander Schukow, Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees Russlands (ROC), und Sportminister Pawel Kolobkow ist froh, „dass die Gerechtigkeit endlich triumphiert hat“. Der CAS bestätige damit, dass die Athleten „sauber“ seien.

Das IOC wiederum bedauerte in einer Aussendung die CAS-Entscheidung und äußerte Bedenken, dass die hohe Schwelle für das erforderliche Beweisniveau „schwerwiegende Auswirkungen auf den künftigen Kampf gegen Doping“ haben könnte. Man werde daher die begründeten Entscheidungen, sobald sie verfügbar sind, sehr sorgfältig analysieren und Konsequenzen, einschließlich einer Beschwerde an das Schweizer Bundesgericht, prüfen.

Trotz der Rehabilitierung durch den CAS werden Langläufer Alexander Legkow oder Eisschnellläuferin Olga Fatkulina in Pyeongchang fehlen. Denn das IOC stellte umgehend klar, dass nur offiziell eingeladene russische Athleten unter neutraler Flagge in Korea starten dürfen – statt sportlicher Qualifikationen kommt nun ein nicht mehr nachvollziehbarer Kriterienkatalog zur Anwendung. Denn begründet hat das IOC seine Auswahl bis heute nicht. Auf der vor einer Woche veröffentlichten Einladungsliste stehen 169 Athleten, prominente Namen wie Shorttracker Viktor Ahn oder Biathlet Anton Schipulin fehlen jedoch, obwohl sie im Weltcup antreten.

Russland plant eigene Spiele

Kreml-Sprecher Peskow erklärte, noch weitere Gespräche mit dem IOC führen zu wollen. „Russland wird weiter für die Rechte und Interessen seiner Sportler kämpfen.“ Die Zeit freilich drängt. Für jene russischen Sportler, die die in einer Woche beginnenden Winterspiele nur als Zuschauer erleben werden, hält Präsident Wladimir Putin womöglich einen Trostpreis bereit. Die Kreml-nahe Zeitung „Iswestija“ berichtete diese Woche von Plänen, in Sotschi eigene Winterspiele für die Ausgeschlossenen abzuhalten. Peskow bestätigte, dass Minister mit der Organisation dieser alternativen Wettbewerbe beauftragt wurden. Die Siege dort sollen dann genauso prämiert werden wie jene bei Olympia in Pyeongchang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 2.2.2018)

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