Analyse

Der Aufschrei nach Veränderung im Adlerhorst

SKI Enttäuschende Flüge der Österreicher vor einer grandiosen Kulisse. -OLY-2018-PYEONGCHANG
SKI Enttäuschende Flüge der Österreicher vor einer grandiosen Kulisse. -OLY-2018-PYEONGCHANG(c) APA/AFP/ODD ANDERSEN
  • Drucken

Österreichs Skispringer sind am Tiefpunkt angelangt, wurden im Teambewerb Vierte und blieben erstmals seit 2002 bei Olympia medaillenlos. Österreichs Trainer im Ausland feiern ein Hoch – ihre Rückkehr ist ausgeschlossen.

Blech – wer Vierter wird bei einem Wettbewerb, hadert zumeist mit dem Schicksal. Weil es unfassbar knapp war wie bei der Skeleton-Pilotin Janine Flock, der zwei Hundertstel auf Bronze fehlten. Oder der Eisschnellläuferin Vanessa Herzog, da waren es 17 Hundertstel, 0,7 Sekunden fehlten Biathlet Julian Eberhard als Viertem – es waren bittere Enttäuschungen. Sechs vierte Plätze stehen insgesamt für das ÖOC-Aufgebot zu Buche. Dass hingegen die Skispringer im Teambewerb Vierte wurden, war nach schwachen Sprüngen in Korea und einer komplett sieglosen Saison nicht unerwartet.

Erstmals seit Salt Lake City 2002 gingen die ÖSV-Adler bei den Winterspielen leer aus. Es ist der Tiefpunkt einer Negativspirale, die sich seit Saisonbeginn bemerkbar macht, weil Stefan Kraft, Michael Hayböck und Gregor Schlierenzauer nicht gewinnen. Den in den Jahren zuvor besten Skispringern fehlt es an Kraft, Selbstvertrauen, mentaler Belastbarkeit, an Zuversicht und wohl auch am richtigen Material. Österreichs Skispringern fehlen wichtige Meter und Haltungsnoten.

ÖSV hält an Kuttin fest

Die Athleten von Cheftrainer Heinz Kuttin – der ÖSV erwägt, am Kärntner noch eine weitere Saison, der WM 2019 in Seefeld wegen, doch festzuhalten –, sind die Enttäuschung dieser Winterspiele.
ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel sprach sich in Korea (noch) für Kuttin aus. Während einer Saison verwehrt sich der 76-Jährige zwar gegen Schnellschüsse, dass aber bereits Namen in Tirol kursierten – Schlierenzauers Individualtrainer Christoph Strickner oder Richard Freitags Vertrauensmann Bernhard Metzler – kann auch er nicht verhindern. Und hinter jeder Personalie steckt zumeist auch ein Fünkchen Wahrheit.

Österreichs Skisprungsport ist zum Handeln gezwungen, ohne Veränderungen bei Personal und Material bleibt die Trendwende eine Illusion. 94 Punkte fehlten auf das Podest, auf dem Treppchen fanden sich jedoch durchwegs von Österreichern trainierte Nationen. Alexander Stöckl führte Norwegen zum ersten Gold im Teamspringen, Silber ergatterte Deutschland (Werner Schuster; Gold Normalschanze), Bronze (Stefan Horngacher; Gold Großschanze) ging an Polen. Dass einer dieses Trios in die Heimat zurückkehren wird, ist vollkommen ausgeschlossen; nicht nur finanzieller Gründe wegen.

Es irritiert, wenn ein Star wie Schlierenzauer so vergeblich und lang nach der Form sucht. Wenn Kraft, 2017 noch Doppelweltmeister, ratlos zurückliegt. Wenn Hayböck Chancen hat, sie jedoch glatt vergibt. Dieses ÖSV-System scheint festgefahren, es schreit in dieser Besetzung nach Veränderung.

Nur, wer setzt die neuen, dringend benötigten Impulse? (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Stefan Kraft
Olympia

ÖSV-Adler verpassen Team-Medaille

Stefan Kraft, Manuel Fettner, Gregor Schlierenzauer und Michael Hayböck wurden Vierte. Gold ging erstmals an Norwegen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.