Sofia Goggia: Von der Chaotin zum Ski-Samurai

Mit Gold geadelt: „Königin Sofia“.
Mit Gold geadelt: „Königin Sofia“. (c) APA/AFP/JAVIER SORIANO
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Abfahrtsgold geht nach Bergamo: Mit dem Messer zwischen den Zähnen und den Brettln eines Teamkollegen unter den Füßen krönt Sofia Goggia ihren rasanten Aufstieg.

In Colorado haben sich Sofia Goggia und Lindsey Vonn einmal abseits der Pisten auf einen Kaffee getroffen, über dies und jenes gesprochen, auch über das Rennfahrerleben. „Sie hat mich gefragt, wie sie mit Druck und Erwartungen umgehen soll und ich habe es ihr gesagt, das hat ihr wahrscheinlich geholfen“, erinnerte sich Vonn in Pyeongchang.

Denn was auf diese Unterhaltung vor ein paar Monaten folgte, war ein Duell, das die bisherige Abfahrtssaison und nun auch die Olympiaabfahrt geprägt hat. „Ich bin hierhergekommen mit einem Ziel: Lindsey zu schlagen“, erzählte Goggia. Das hat sie sogar überraschend deutlich geschafft, fast eine halbe Sekunde nahm Goggia der US-Amerikanerin ab, mit den Herren-Ski ihres Teamkollegen Peter Fill unter den Füßen raste sie zu Italiens erstem Gold in einer olympischen Damenabfahrt. Vonn musste sich mit Bronze begnügen, auch weil die Norwegerin Ragnhild Mowinckel mit Startnummer 19 noch auf Platz zwei fuhr. „Ich wusste, heute ist mein Tag“, erklärte Goggia. „Ich habe jedes kleine Detail beachtet, mich bewegt wie ein Samurai. Normalerweise bin ich ziemlich chaotisch.“

Oft genug wurde der 25-Jährigen ihre riskante Fahrweise zum Verhängnis. Bei der WM 2017 in St. Moritz auf Goldkurs, überkreuzten sich bei weit über 100 km/ ihre Skier, sie wurde noch Vierte. Im Olympia-Super-G stürzte sie nach Zwischenbestzeit. „Sie hat uns ganz schöne Schrecken eingejagt“, sagt Coach Matteo Guadagnini.

Ein Kreuzbandriss hatte ihr noch die Spiele 2014 in Sotschi vermasselt, vor genau einem Jahr gelang ihr dann ausgerechnet bei der Olympia-Generalprobe in Südkorea ihr erster Weltcupsieg. Seither ging es für Goggia, Skifahren hat sie in Foppolo, nördlich ihrer Heimat Bergamo gelernt, stetig bergauf. Sie wurde zur Anführerin der starken italienischen Damenmannschaft, die im Vorjahr nach knapp 20 Jahren die Österreicherinnen im Nationencup entthronte. Mittlerweile fuhr sie im Weltcup 20 Mal aufs Podest, gewann einen Super G und drei Abfahrten, darunter ein italienischer Dreifachsieg in Bad Kleinkirchheim Mitte Jänner, im Riesentorlauf war sie dreimal Zweite. „Mir wurde nie etwas geschenkt, ich musste mir alles erarbeiten, und das mit dem Messer zwischen den Zähnen.“

Doch „Königin Sofia“ (Gazzetta dello Sport), ansonsten alles andere als zurückhaltend, war nach ihrem Goldlauf gefasst, dachte an ihre Freundin Ilka Stuhec, die Abfahrts-Dominatorin der Vorsaison, die mit Kreuzbandriss in Pyeongchang fehlt. Früher oder später aber werde „der Vulkan ausbrechen“, kündigte Goggia an. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2018)

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