Diese Goldmedaille lässt Russland alle Sanktionen, Suspendierungen und Dopingwirren vergessen. Das erste Olympiagold der "Sbornaja" seit 1992 begeistert, Präsident Wladimir Putin rief sofort mit der Schlusssirene an.
Nicht nur die 15-jährige Alina Sagitowa erfüllte Russlands Träume bei diesen Winterspielen, sondern erstmals seit 1992 schafften auch die Eishockeyspieler wieder den Triumph. Die „Sbornaja“, also das Team der Olympischen Athleten aus Russland, besiegte in einem dramatischen Finale Deutschland in Gangneung mit 4:3 nach Verlängerung. Das Goldtor für die wegen der Dopingsperre unter neutraler Flagge und auch bis zur Schlussfeier nicht pardonierten Russen erzielte Kirill Kaprisow im Powerplay (70.).
Die Schlussphase war an Dramatik kaum zu überbieten. Deutschland war durch Jonas Müller (57.) erstmals in Führung gegangen, ehe Nikita Gusew die Russen 55,5 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit – in Unterzahl – in die Verlängerung rettete. Danach brachen alle Dämme, sowohl auf dem Eis als auch in der Heimat, und bei den Mobiltelefonen liefen alle Drähte heiß.
Dass die Spieler bei der Siegerehrung verbotenerweise ihre Nationalhymne anstimmten – aufgrund der Sanktionen infolge des Dopingskandals von Sotschi 2014 wäre es ihnen laut IOC als neutralen Athleten nicht erlaubt gewesen –, fiel in diesem Augenblick nicht weiter ins Gewicht. Selbst weitere Strafen fürchtet man in Russland nicht. Also sangen die Cracks während des Abspielens der Olympischen Hymne lautstark ihre eigene. Es war der Protest, auf den in Wahrheit alle gewartet hatten. Nur gewann Russland halt nur zweimal Gold bei den Spielen in Pyeongchang.
Erst Putin, dann Medwedew
Teamchef Oleg Snarok hatte mit der Schlusssirene aber prompt Erklärungsbedarf. Noch auf der Trainerbank erhielt er einen Anruf von Präsident Wladimir Putin, er gratulierte zum Gewinn der Goldmedaille. Kaum aufgelegt, riefen Ministerpräsident Dmitri Medwedew und NOK-Präsident Alexander Schukow an. Erst dann konnte er auf das Eis, um mit den Spielern zu feiern. „Das war sehr nett, sie haben alle gratuliert“, meinte er und fügte, der olympischen Situation angepasst, den militärischen Gruß hinzu: „Ich diene Russland!“
Schon vor Spielbeginn hätten seine Spieler gewusst, dass sie auch zur Schlussfeier nicht die russische Fahne tragen dürfen. „Wir haben das ruhig aufgenommen. Russland glaubt an uns. Wir waren bei diesen Spielen eine Mannschaft. Einer für alle und alle für Russland.“ (fin)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2018)