Das Nationalstadion darf nicht außerhalb Wiens gebaut werden

Die Diskussion über das Nationalstadion droht auszuufern. Außerhalb Wiens ist solch ein Projekt nur schwer vorstellbar, zur Kostenfrage drängt die Problematik der Erreichbarkeit. Österreicher haben es doch gerne bequem.

Nationalstadion, der Name allein steht doch für etwas Großes. Ein ganzes Land, einen modernen Bau, ein Prunkstück, den Ort des Erfolges und großer Schauspiele – nicht zwingend nur für eine Sportart. Aber, diese Arena, die 40.000 bis 50.000 Zuschauer fassen und zugleich dem Fußballbund als neues Zuhause dienen soll, darf nicht – bei allem Respekt vor Bruck an der Leitha, Parndorf oder allen anderen Landeshauptstädten – außerhalb Wiens gebaut werden. Nur hier ist es möglich, die Masse an Menschen zu begeistern und sie auch ins Stadion zu bringen. Mit Auto, U-Bahn, Bus, Bim, auf Rad- und Gehwegen.

Infrastruktur, Lage, Kosten, Nutzen, Politik – es gibt mittlerweile so viele Komponenten in dieser Diskussion, dass sie leicht platzen könnte. Will der ÖFB nur ein Fußballstadion, das auch für Events und Konzerte taugt? Ist da kein Platz für andere Sportarten und warum schreien die nicht empört auf? Ist das Geld – kolportiert wurden 150 Millionen Euro, SPÖ-Sportstadtrat Peter Hacker nannte gar die doppelte Summe, die er nicht willens sei, zu bezahlen – schon verplant? Hat Wien jetzt bereits endgültig abgewunken oder doch nicht? Es herrscht Chaos.

Aber, ein Beispiel: Wer an Frank Stronachs unfassbare Pferderennbahn „Racino“ in Ebreichsdorf denkt, wird sich schnell der wahren Problematik bewusst. Höchst bescheidene öffentliche Anbindung, mit dem Auto von Wien aus nicht immer angenehm bzw. flott erreichbar. Die Option des Shuttlebusses blieb ein schlechter Witz. In Österreich ist diese Anreisekultur, wie sie Amerika ob seiner Weite seit jeher kennt und liebt, vollkommen fremd. Selbst wenn dort ein moderner Prunkbau thront: Ist er zu weit weg, funktioniert es nicht. Zudem: Nicht jedes ÖFB-Spiel ist ausverkauft, Lettland lockte gar nur 16.300 Fans an. Und die Zuschauerzahlen sollten doch als Maßstab dienen.

Dieses Projekt voranzutreiben, ist jedoch visionär. ÖFB-Präsident Leo Windtner gebührt dafür größter Respekt, weil er die gravierende Problematik in Wien aufgedeckt und wieder zum Gesprächsthema gemacht hat. Aber wäre es nicht langsam sinnvoll, umzudenken? Vielleicht doch alle Ressourcen zu bündeln – mit Geldgebern aus Politik und Wirtschaft, die geschlossen antreten für einen Standort: Wien. Wenn die Regierung den Neubau des Happel-Ovals nicht erlaubt, es gibt doch genug andere Plätze? Südstadt, Seestadt, Rothneusiedl etc.

Die großen Gefahren nämlich, die bei einem Nationalstadion am falschen Standort auftauchen, sind die der fehlenden Auslastung, der zu hohen Kosten, der schlechten Erreichbarkeit. Dann droht es, flott ein millionenschweres Mahnmal zu werden. Womöglich auch noch denkmalgeschützt. Und davon hat Österreich bereits viel zu viele. Sofern es überhaupt so weit kommt.

markku.datler@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2019)

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