Die Folgen einer Hitzeschlacht

Dominic Thiem musste in der zweiten Runde Überstunden machen.
Dominic Thiem musste in der zweiten Runde Überstunden machen.(c) APA/AFP/PAUL CROCK (PAUL CROCK)
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Analyse. Der fast vierstündige Kampf in Runde zwei mag bei Dominic Thiem Spuren hinterlassen, er kann aber auch neue Kräfte freisetzen.

Melbourne/Wien. Bei Grand Slams gibt es ein ungeschriebenes Gesetz. In den ersten Runden sollten lange und kräftezehrende Matches tunlichst vermieden werden, extreme Anstrengungen in der ersten Turnierwoche haben im weiteren Verlauf zumeist ihre Folgen. Dominic Thiem hat dieses Gesetz bei den Australian Open, dem anstrengendsten aller Grand Slams, schon in der zweiten Runde gebrochen. Der Niederösterreicher hielt sich beim 6:7 (6), 3:6, 6:3, 6:2, 6:3 gegen den US-Amerikaner Denis Kudla fünf Sätze und insgesamt 3:48 Stunden in der Margaret Court Arena auf. Natürlich, die Freude über den Sieg überwog, Thiem wusste aber in der Stunde des Erfolgs auch, dass er (zu) viel Kraft gelassen hatte. „Du solltest versuchen, nicht zu lang auf dem Platz zu stehen. Das ist mir nicht gelungen.“

Die Bedingungen im Melbourne Park am Donnerstag, sie waren extrem. Der australische Hochsommer zeigte seine erbarmungslose Seite, als Thiem sein Spiel um 11 Uhr Ortszeit aufnahm, kletterte das Thermometer bereits gen 40 Grad – im Schatten. Und obwohl der Schützling von Günter Bresnik schon über eine Woche in Australien weilte, hatte er immer noch etwas mit dem Jetlag zu kämpfen, fühlte sich speziell zu Beginn des Matches nicht sonderlich wohl. Wie es aber um Thiems physische Grundkonstitution bestellt ist, zeigte sich im weiteren Verlauf. Denn während Kudlas Kräfte Mitte des dritten Satzes zunehmend schwanden, begann sich der Weltranglistenfünfte immer besser zu bewegen, auch spielerisch gelang ihm nun mehr, wenngleich nicht so viel wie in Runde eins.

Dass Thiem zum zweiten Mal in seiner Karriere nach den US Open 2014 (vs. Ernests Gulbis) einen 0:2-Satzrückstand noch in einen Erfolg umzuwandeln vermochte, könnte ihm in Melbourne trotz des ungeplant großen Kräfteverschleißes noch gehörigen (mentalen) Auftrieb verleihen. Und womöglich hilft dieser Coup sogar dabei, endlich die Geister New Yorks zu vertreiben. Das bislang letzte Fünfsatzmatch hatte Thiem im September des Vorjahrs bei den US Open nach 2:0-Satzführung gegen Juan Martin del Potro noch verloren.

Lieblingsgegner Mannarino

Nach einem, wohl nur für Thiem-Verhältnisse lockeren Training am Freitag sieht sich der Lichtenwörther schon am Samstag mit der nächsten Aufgabe konfrontiert. Gegner im Kampf um den Einzug in sein sechstes Major-Achtelfinale in Folge ist Adrian Mannarino. Der Franzose aus der klingenden Gemeinde Soisy-sous-Montmorency ist der erklärte Lieblingsgegner Thiems auf der Tour. In sechs Vergleichen ist Thiem ungeschlagen, gab dabei überhaupt nur zwei Sätze ab. Er sagt: „Ich weiß, wie ich gegen ihn zu spielen habe.“

Und auch der Blick auf den möglichen Achtelfinalgegner macht Mut, dieser wird im Duell zwischen Maximilian Marterer (GER) und Tennys Sandgren (USA) ermittelt. Die beiden Außenseiter überraschten mit Siegen gegen Fernando Verdasco bzw. Stan Wawrinka.

AUSTRALIAN OPEN 2. Runde

Herren: Federer (SUI/2) – Struff (GER) 6:4, 6:4, 7:6. Zverev (GER/4) – Gojowczyk (GER) 6:1, 3:6, 4:6, 6:3. Benneteau (FRA) – Goffin (BEL/7) 1:6, 7:6, 6:1, 7:6. Sandgren (USA) – Wawrinka (SUI/9) 6:2, 6:1, 6:4. Djoković (SRB/14) – Monfils (FRA) 4:6, 6:3, 6:1. 6;3.
Damen: Halep (ROU/1) – Bouchard (CAN) 6:2, 6:2. Su-Wei (TPE) – Muguruza (ESP/3) 7:6, 6:4. Scharapowa (RUS) – Sevastova (LAT/14) 6:1, 7:6.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2018)

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