Stefanos Tsitsipas, einer von nur zwei U-20-Profis in den Top 100, fordert in Runde zwei Dominic Thiem. Der Grieche hat das bisher letzte Duell mit dem Österreicher gewonnen und marschiert nun in Richtung Weltspitze.
Paris/Wien. In Griechenland fristet Tennis ein Nischendasein. Ein gewisser Nicholas Kalogeropoulos schaffte es 1973 in Des Moines einmal in ein Endspiel auf der ATP-Tour, in den folgenden Jahrzehnten aber war kein Grieche mehr in den Tennis-Schlagzeilen. Dass Pete Sampras griechische Wurzeln hat, mag ein kleiner Trost gewesen sein. Derzeit aber gibt es weder ein ATP- noch ein Challenger-Turnier in Griechenland, die Davis-Cup-Mannschaft spielt unter der Wahrnehmungsgrenze in der Europa Zone 3, hat dort in Gruppe A Platz zwei hinter Montenegro und vor Lettland und Armenien belegt.
Nun aber mischt der 19-jährige Stefanos Tsitsipas die Weltspitze auf. Der einzige Grieche in den Top 1000 der Welt hat sich innerhalb eines Jahres von Platz 205 auf 39 verbessert. Im Vorjahr hat er vor den French Open noch Challenger gespielt und sich in Paris durch die Qualifikation gekämpft. Heuer erreichte er im Vorfeld in Barcelona sein erstes ATP-Finale. Und das in beeindruckender Manier: Beim 500er-Event hat er mit Diego Schwartzman, Pablo Carreño Busta und Dominic Thiem drei Top-20-Spieler ohne Satzverlust verabschiedet, ehe er im Endspiel Rafael Nadal unterlag. Danach besiegte er in Estoril Kevin Anderson, einen weiteren Top-Ten-Profi.
Auf Sand ist Tsitsipas am gefährlichsten (Bilanz 2018: 15:5), mit seinem starken Service, meist nach außen, bringt er seine Vorhand ins Spiel, Breaks gegen den 1,93-m-Mann sind eine Seltenheit.
Aufgewachsen ist er auf den Sandplätzen von Athen, sein griechischer Vater war Tenniscoach, die Mutter einst die beste Juniorenspielerin der Sowjetunion (auch die Mütter der Jungstars Denis Shapovalov, (19, ATP-25.) und Alexander Zverev (21, 3.) spielten in der UdSSR). Mittlerweile trainiert er auch in Nizza in der Akademie von Patrick Mouratoglou, Coach von Serena Williams.
In der ersten Runde von Paris kam der Spanier Carlos Taberner mit Tsitsipas' selbstbewusstem und furchtlosem Spiel, das ihn gern auch ans Netz führt, nicht zurecht. Am Mittwoch kommt es nun zum Wiedersehen mit Dominic Thiem. Will man beim jungen Griechen eine Schwäche ausmachen, ist es wohl sein Return. (joe)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2018)