Die Wiedergeburt eines Champions

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Nach Schaffenskrise und Verletzungspause hat sich Novak Djoković mit seinem vierten Wimbledon-Titel zurückgemeldet. "Es gibt keinen besseren Ort für ein Comeback", erklärte er.

London/Wien. Was ist in Wimbledon diskutiert worden über diesen Sonntagnachmittag, an dem sich doch tatsächlich das Herren-Finale und das Endspiel der Fußball-WM überschneiden könnten. Der altehrwürdige All England Club hatte klargestellt, dass an der Ansetzung nicht gerüttelt werde, selbst wenn es die Engländer in Moskau ins Finale schaffen sollten.

Die Debatte hätte sich beinahe erübrigt. Kroatien-Sympathisant Novak Djoković war im Begriff, mit einen über weite Strecken unterlegenen und kraftlosen Kevin Anderson kurzen Prozess zu machen. Doch der Südafrikaner bäumte sich noch einmal auf. So stand erst nach 2:18 Stunden der 6:2, 6:2, 7:6 (3)-Triumph des 31-jährigen Serben fest, sein vierter in Wimbledon und sein insgesamt 13. auf Grand-Slam-Ebene. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kroaten in Russland gerade zum 1:1 ausgeglichen.

Was sich in London auf dem Centre Court abspielte, glich lange einer Demontage. Anderson konnte seine Quote beim ersten Aufschlag nur mit Mühe im Verlauf der Partie auf 61 Prozent steigern, über den zweiten Service machte er weniger als die Hälfte der Punkte. Die über 21 Stunden, die der 32-Jährige zuvor auf den Rasenplätzen von Wimbledon verbracht hatte, gingen nicht spurlos an ihm vorüber. Schon nach dem ersten Satz ließ er sich den Schlagarm behandeln. Und die fünf Satzbälle, die er sich im dritten Durchgang erspielte, machte ein nervenstarker Djoković allesamt zunichte.

Wie in den Glanzzeiten

Der Serbe, selbst erst am Vortag in einer Marathon-Partie gegen Rafael Nadal ins Finale eingezogen, zeigte wieder jenen Siegeswillen, der ihn einst zur schier unantastbaren Nummer eins der Tenniswelt gemacht hatte. Auf sein Service, das er nach seiner Ellbogenoperation verändert hat, war Verlass, die Returns schlugen phasenweise nur so vor den Füßen des Gegners ein. Djoković agierte nahezu wie in seinen Glanzzeiten.

Oft habe er in diesen zwei Wochen an die vergangenen eineinhalb Jahre zurückgedacht, erzählte der Serbe. Nach der Vollendung des Karriere-Grand-Slams 2016 fehlte erst die Motivation, dann waren es Verletzungen, die ihn stoppten. Der zweifache Familienvater hatte private Krisen zu meistern und trennte sich von seinen langjährigen Betreuern.

Das Meisterstück

Wimbledon könnte die Initialzündung sein, um wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren, vermutete Djoković noch vor wenigen Tagen. Tatsächlich gelang ihm hier mit dem Halbfinalsieg über den Weltranglistenersten Rafael Nadal, ein umkämpfter Krimi über 5:15 Stunden und zwei Tage, das Meisterstück seit seinem Comeback Anfang des Jahres.

Marián Vajda und den Tiroler Gebhard Gritsch hat er mittlerweile in sein Team zurückgeholt, darüber hinaus sei er nach langer Zeit wieder schmerzfrei. „Mein Dank gilt allen, die mich unterstützt haben. Ich habe oft gezweifelt. Aber es gibt keinen besseren Ort für ein Comeback“, erklärte Djoković. Heute wird der zwischenzeitlich auf Platz 22 Zurückgefallene wieder auf Position zehn im Ranking zu finden sein.

Kevin Anderson ging nach den US Open 2017 (Niederlage gegen Nadal) auch in seinem zweiten Major-Endspiel als Verlierer vom Platz. Nach seinem Erfolgslauf in Wimbledon (Siege unter anderen über John Isner, Roger Federer und und Gaël Monfils) ist er nun die Nummer fünf der Welt, ein neues Karrierehoch.

(joe)

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