Dominic Thiems letztes Puzzlestück

Die ersten Trainingsvolleys in China: Dominic Thiem.
Die ersten Trainingsvolleys in China: Dominic Thiem. (c) APA/AFP/JOHANNES EISELE
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Der Auftritt in Shanghai ist der Schlüssel, um eines der wenigen noch verbliebenen Mankos im Spiel des Österreichers auszubügeln: die Ausbeute bei den Masters-1000-Turnieren.

Shanghai/Wien. Kein Spieler hat heuer mehr Partien auf der ATP-Tour gewonnen als Dominic Thiem. 48 waren es bisher (bei 15 Niederlagen), Juan Martín del Potro und Alexander Zverev halten Platz zwei mit jeweils 46 Siegen (2006 gewann Roger Federer 92 Partien, diese Marke ist seither unerreicht). Zuletzt verloren hat Thiem vor knapp fünf Wochen bei den US Open gegen Rafael Nadal, also die Nummer eins der Welt.

Heute (dritte Partie nach 7 Uhr MESZ) greift der Niederösterreicher in Shanghai ins Geschehen ein, Auftaktgegner beim Masters-1000-Turnier ist der Australier Matthew Ebden (ATP 51). Die chinesische Metropole ist Thiems einziger Stopp in Asien, auf die Events in Tokio, Peking und Chengdu, wo in den vergangenen Jahren nichts zu holen war, verzichtete der 25-Jährige. Die neue Turnierplanung gibt ihm bisher recht, statt in Fernost Auftaktniederlagen zu kassieren, marschierte er in St. Petersburg zu seinem ersten Hallentitel.

In Shanghai gilt es nun, wichtige Punkte in Hinblick auf seine dritte Teilnahme an den World Tour Finals zu sammeln. Die besten acht Spieler der Saison treffen ab 11. November in London aufeinander, Thiem sitzt als aktuelle Nummer acht im Jahresranking zwar auf dem Schleudersitz, hat aber ein 595-Punkte-Polster auf den neuntplatzierten John Isner, der vor drei Wochen Vater geworden ist und noch pausiert.

Ein Erfolg in Shanghai würde für Thiem aber weit mehr bedeuten als einen weiteren Schritt Richtung London. Er wäre eines der letzten Puzzlestücke auf dem Weg ganz nach oben, der Schlüssel, um eines seiner letzten Mankos auszubügeln: die Masters-Ausbeute. Bei den neun Turnieren der höchsten Kategorie nach den Grand Slams hat der French-Open-Finalist den größten Aufholbedarf, hier lässt er die meisten Punkte liegen. Allein heuer stehen wegen frühen Ausscheidens zweimal nur zehn Zähler zu Buche (Rom, Toronto), in Indian Wells war ebenfalls früh Endstation (45 Punkte), Miami und Cincinnati verpasste er erkrankt (null Punkte). Vor allem die Auftritte in Shanghai brachten kaum Zählbares. Bei dreimal Antreten (2014, 2015, 2017) kam Thiem nicht über die zweite Runde hinaus, wenig überraschend ist das vorletzte Masters der Saison – ab 29. Oktober folgt in Paris das einzige in der Halle – jenes mit den schnellsten Bedingungen.

Um eine Wende herbeizuspielen, waren die Vorzeichen noch nie so gut wie heuer. Nie ist Thiem mit einer solchen Erfolgsserie (sechs Siege in Folge) angereist, nie war er zu diesem späten Zeitpunkt der Saison so in Spiellaune.

Thiem als Spielverderber

In dieser Form könnte er auch im Showdown zwischen Rafael Nadal und Novak Djoković ein Wörtchen mitreden. Beide kämpfen darum, die Saison zum fünften Mal als Nummer eins zu beenden. Vorjahresfinalist Nadal fehlt in Shanghai wegen Knieproblemen – auch eine Folge des Fünfsatzmarathons gegen Thiem in New York. Gewinnt Djoković in China, rückt er bis auf 35 Punkte an den Weltranglistenersten heran. Bemerkenswert: Der Serbe lag Anfang Juli noch außerhalb der Top 20. Aus rot-weiß-roter Sicht wäre ein Djoković-Triumph durchaus wünschenswert. Dann könnte auch Nadal die 500 Punkte, die es bei den Erste Bank Open in Wien zu holen gibt, gut gebrauchen. Ein Gastspiel der Superstars in der Stadthalle (ab 22. Oktober) würde wahrscheinlicher.
Thiem jedenfalls feierte in Shanghai schon einen guten Einstand. Bei einem seiner gelegentlichen Doppelauftritte besiegte er mit dem schwedischen Routinier Robert Lindstedt die Australier De Minaur/Millman 6:4, 7:6 (6).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2018)

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