Football: Der Wurf aus dem Schatten der NFL-Größen

New Orleans feierte Drew Brees schon vor dem Rekord als „Breesus“.
New Orleans feierte Drew Brees schon vor dem Rekord als „Breesus“. (c) Reuters
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Saints-Quarterback Drew Brees hält ab sofort den neuen Passrekord, sich aber aus den Schlagzeilen fern.

New Orleans/Wien. Tom Brady, Joe Montana, Peyton Manning oder Brett Favre zählen zu den besten Quarterbacks der Geschichte der National Football League und sind Ikonen ihres Sports. Mit ihrer Bekanntheit kann Drew Brees nicht mithalten, und doch hat sich der Spielmacher der New Orleans Saints seinen Platz in den Annalen gesichert. Beim 43:19-Heimsieg gegen die Washington Redskins warf der 39-Jährige 363 Yards (und drei Touchdowns) und stellte mit dem Karrierewert von 72.103 Yards neuen NFL-Rekord auf. Bislang hatte Manning die Bestmarke gehalten. „Ich habe nie davon geträumt diese Rekorde zu brechen. Ich spiele, weil ich den Sport und Wettkampf liebe“, sagte Brees.

Ein Touchdown-Pass über 62 Yards auf Tre'Quan Smith im zweiten Viertel war der historische Meilenstein und wurde sogleich typisch amerikanisch zelebriert: Die Partie wurde sofort unterbrochen, der rekordträchtige Football vom Präsidenten der Hall of Fame mit weißen Samthandschuhen gesichert. Das Publikum in New Orleans honorierte seinen Star mit frenetischem Jubel, die Teamkollegen gratulierten. Der Routinier winkte sichtlich ergriffen, verteilte Küsschen und umarmte Ehefrau Brittany und die drei Söhne Baylen, Bowen, Callen sowie Tochter Rylen. „Man kann alles erreichen, wenn man wirklich will“, gab er seinen Kindern mit auf den Weg, ehe ihn die Emotionen übermannten. „Die zwei Menschen, die den größten Einfluss auf meine Karriere und mich hatten, meine Mutter und mein Großvater, sind im Himmel. Es gibt viele Menschen, denen ich es beweisen wollte, aber niemandem mehr als ihnen.“ Schließlich hatten ihm nur die wenigsten derartigen Erfolg zugetraut.

Comeback wider allen Zweifel

Der Absolvent der Purdue University in Indiana war im NFL-Draft 2001 nur Pick Nummer 32. Weder seine Größe (1,83 m) noch seine Geschwindigkeit noch sein Wurfarm überzeugte einst die Experten. 2005 stand seine Karriere nach einem komplizierten Schulterbruch und elf Operationen bereits vor dem Ende. Die San Diego Chargers (inzwischen nach Los Angeles übersiedelt) glaubten nicht mehr an das Comeback, schoben den Quarterback nach New Orleans ab. Wie die Stadt nach Hurricane Katrina wagte Brees den Neuanfang. „Ich wollte unbedingt zu einem Team, das wirklich an mich glaubt“, erklärte er damals. In Headcoach Sean Peyton fand Brees einen Verbündeten, 2009 krönten sie ihre Mission mit dem Super Bowl.

In Louisiana wird Brees als „Breesus“ gefeiert, für die globale Strahlkraft aber fehlen ihm knackige Sprüche, Skandale – und eine Topmodelfreundin, wie US-Medien scherzen. Der 39-Jährige ist keiner, der polarisiert, er besticht vielmehr mit leidenschaftlicher Hingabe und unermüdlichem Einsatz. „Er ist ein großer Spieler, aber ein noch besserer Mensch“, betonte Teamkollege Lance Moore. Auch dem abgelösten Rekordhalter Manning fiel es nicht schwer zu gratulieren. „Drew, 1000 Tage lang habe ich den Allzeitpassrekord gehalten. Das waren die besten 1000 Tage meines Lebens. Du hast es ruiniert. Mir bleibt jetzt nur noch, diesen Salat zuzubereiten“, sagte der 2015 zurückgetretene Star im humorigen Twitter-Video. „Im Ernst: Drew, herzlichen Glückwunsch zu diesem Rekord!“

Damit scheint die Reise für Brees in seiner 18. Profisaison aber noch nicht zu Ende, sein Vertrag mit den Saints läuft bis 2020. Die Completions-Bestmarke von Favre hat er heuer geknackt (aktuell: 6370); hält er seine Completions-Quote von 67,17 Prozent, würde er den von ihm aufgestellten Rekord verbessern. Ein Touchdown-Pass fehlt ihm auf die magische 500er-Marke, 40 auf Mannings Topwert. Obgleich nicht in den Schlagzeilen, ist Brees in Zahlen eine der NFL-Größen. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2018)

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