Skiflug-WM: Der Flug ins Fahnenmeer

 Stefan Kraft
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Team Norwegen gewann Gold vor Deutschland und Österreich. Auf dem Kulm jubelten drei österreichische Cheftrainer.

Bad Mitterndorf/Wien. Dass österreichische Trainer bei der Skiflug-WM auf dem Kulm in Bad Mitterndorf die Medaillen abräumen, war weit wahrscheinlicher, als dass ein ÖSV-Adler zu Edelmetall fliegt. Doch Stefan Kraft belehrte Kritiker eines Besseren mit Bronze; und im Team mit Michael Hayböck, Manuel Poppinger und Manuel Fettner segelte er erneut zu Bronze. Gold sicherte sich Norwegen, Silber ging an Deutschland.

Das Skispringen unterliegt laufenden Veränderungen, eines wurde aber bei dieser WM offensichtlich: Die Schanzen-Evolution ist geprägt von rot-weiß-rotem Know-how. Alexander Stöckl, 42, und Werner Schuster, 46, sind Cheftrainer von Norwegen und Deutschland. Der Villacher Heinz Kuttin lenkt die Geschicke im ÖSV, der Vorarlberger Richard Schallert setzt in Tschechien die Akzente.

Personalpool Stams

Man spricht Deutsch auf dem Trainerturm. Waren früher Finnen bestimmend, sind es nun seit Jahren Österreicher. „Aber das ist keine Garantie“, sagt Kuttin, „dass wir gewinnen.“ Für die Verschiebung des Kräfteverhältnisses hat Kuttin eine plausible Erklärung, er sagt: „Die anderen Nationen haben österreichische Trainer geholt, um hinter das Erfolgssystem zu blicken.“

Schuster war viele Jahre ÖSV-Nachwuchscoach im Skigymnasium Stams, er gilt auch als „Macher“ von Gregor Schlierenzauer. 2007 wechselte er für eine Saison zu Simon Ammann in die Schweiz, seitdem gibt er in Deutschland, wo unter seiner Regie der Aufschwung begann, den Absprung vor. Das Team des Kleinwalsertalers hat 2014 Olympiagold (vor Österreich) gewonnen und stellt mit Severin Freund den Weltmeister von Falun 2015 und amtierenden Gesamtweltcupsieger. Auch im Nationencup führen die Deutschen, denkbar knapp vor Norwegen.

Dort hat mit dem Tiroler Stöckl ein weiterer ehemaliger ÖSV-Mann junge Athleten an die Spitze und in der vergangenen Saison zum WM-Titel geführt. Obwohl im hohen Norden Skispringen im Schatten der Langläufer und Biathleten steht, wurde Stöckl vor einer Woche zu Norwegens Trainer des Jahres gekürt. Das ist ein Adelsprädikat. Wie Schuster war auch Stöckl übrigens selbst als Springer nicht sonderlich erfolgreich. Ausgerechnet auf dem Kulm ergatterte er 1993 den einzigen Weltcuppunkt. Wie Schuster absolvierte er ein Studium und ging als Jugendtrainer nach Stams, bevor er 2011 das norwegische Team von seinem Mentor, Mika Kojonkoski, übernahm.

Beide haben Österreichs Erfolgssystem mit der einheitlichen Trainingslehre, die sich durch alle Leistungszentren und Klubs zieht, quasi exportiert. In Deutschland hat Schuster, er wird von Stefan Horngacher als Stützpunkttrainer begleitet, so den Generationenwechsel vollzogen, in Norwegen zaubert Stöckl ein junges Talent nach dem anderen hervor. Forfang, Gangnes, Fannemel, Tande sind zwischen 20 und 26 Jahre alt. Schuster und Stöckl hätten es auch gegen anfängliche Widerstände verstanden, ihre Ideen in den Verbänden umzusetzen, meint Toni Innauer: „Die Bestausgebildeten sind jetzt im Ausland.“ Doch Stöckl gibt Entwarnung: „Es sind sicher gute Trainer im Ausland, aber es gibt noch haufenweise gute in Österreich.“

„Hätten sonst keine Gegner“

So zu erklären, warum das ÖSV-Team nicht mehr so erfolgreich ist wie im vergangenen Jahrzehnt, wäre falsch. Doch es ist einer von vielen Gründen, am Wiederaufbau wird gefeilt. Auch Peter Schröcksnadel verfällt ob dieser Exporte nicht in heillose Panik. „Das stört mich überhaupt nicht. Sonst hätten wir ja keine Konkurrenz“, scherzt der ÖSV-Präsident. „Das sind unsere Trainer. Wir haben lang den Weltcup dominiert, es ist nur logisch, dass sich die anderen die besten Trainer holen.“

Gemeinsam mit Richard Schallert reihen sich Schuster und Stöckl in die österreichische Skisprung-Kultur ein. Wie Alexander Pointner oder dessen Mentor, Toni Innauer, der auch als Sportdirektor und Ideengeber die Entwicklung mitbestimmte. Der Begründer all dessen aber war Baldur Preiml. Der Stams-Lehrer instrumentalisierte das Mentaltraining, mit roten Anzügen, Infrarotstrahlung, den Tricks dieser Zunft. Er formte Größen wie Innauer, Hubert Neuper oder Karl Schnabl. Auch deshalb wurde der 75-Jährige bei der Kulm-Gala geehrt. Es passt ins Bild. Ein österreichischer Trainer gewinnt immer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.01.2016)

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