Doping: Winterspiele ohne Russland

Der Blick auf die Welt des Wintersports ist derzeit unklar, Doping- und Missbrauchsvorwürfe spalten die Lager. Die Aufarbeitung ist heikel und immens schwierig.
Der Blick auf die Welt des Wintersports ist derzeit unklar, Doping- und Missbrauchsvorwürfe spalten die Lager. Die Aufarbeitung ist heikel und immens schwierig.(c) Reuters
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In Lausanne fällt am Dienstag die Entscheidung in der Russland-Krise. Ein Komplettausschluss ist unwahrscheinlich, 100 Millionen Dollar Strafe sowie Russen unter neutraler Flagge eine Option.

Lausanne. IOC-Präsident Thomas Bach muss am Dienstag klare Worte finden. Der Deutsche ist Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, und er muss im IOC-Hauptquartier zu Lausanne erklären, wie und vor allem warum seine Exekutive in der Russland-Krise so entschieden hat. Das IOC hat mit seiner „Oswald-Kommission“, die nach kriminalistischen und forensischen Methoden versucht hat, Vorwürfe aus zwei Dopingreports bezüglich eines systematisierten Staatsdopings (auch bei Olympia 2014 in Sotschi) aufzuarbeiten, bereits 25 Athleten lebenslang für Olympia gesperrt.

Nun deutet alles auf eine massive Sanktion Russlands für die Winterspiele 2018 hin. Und diese Entscheidung droht zugleich die Sportwelt zu spalten: Russland leugnet Staatsdoping, wenngleich die Indizienlast erdrückend wirkt. Sportstars wie die tschechische Biathletin Gabriela Koukalova fordern offen den Gesamtausschluss, auch viele Nationale Antidopingagenturen (etwa Österreich) schließen sich dem an. Es obliegt letzten Endes wohl Thomas Bach, eine besonnene Lösung zu finden.

Daher ist es fraglich, ob es wegen nachgewiesenen Staatsdopings zu einem Komplettausschluss Russlands für Pyeongchang kommen wird. Schon für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro konnte sich das IOC dazu nicht durchringen.

Flächendeckendes System

Russen durften unter besonderen Auflagen teilnehmen, die Entscheidung darüber fällten die internationalen Fachverbände. An die 270 Athleten wurden für „sauber“ erklärt. Diese Methode soll, so ein Insider, beibehalten werden. Gekrönt mit einer Geldstrafe über 100 Millionen Dollar. Nur, ist damit der Skandal aufgearbeitet, das Problem gelöst?
Mitte November entschied die Weltantidopingagentur (Wada), dass die russische Antidopingagentur (Rusada) suspendiert bleibt. Den Ausschlag gab fehlendes Eingeständnis dafür, dass ein flächendeckendes Dopingsystem betrieben worden ist und die Ergebnisse der Kommission von Sonderermittler Richard McLaren nicht öffentlich anerkannt werden. Dieser negative Beschluss sollte Einfluss auf mögliche Sanktionen haben.

„Das IOC-Exekutivkomitee wird bei der Entscheidung über die Teilnahme von Sportlern aus Russland im Dezember alle Umstände berücksichtigen, einschließlich aller Maßnahmen zur Gewährleistung gleicher Bedingungen bei den Winterspielen 2018“, hieß es in einer Erklärung des IOC. Die zuletzt zum Teil öffentlich gemachten Urteile lassen darauf schließen, dass das IOC sich zwar an den McLaren-Reports orientieren werde, aus Sicht der Antidoping-Community die Verantwortung aber nicht nur an einzelnen Sportlern festgemacht werden könne. Daher die Hintertür, neutrale Russen – als Besänftigung für Wladimir Putin – zuzulassen.

Nach Ermittlungen und ausführlichen Begründungen der vom Schweizer Denis Oswald geleiteten Kommission sprach das IOC in den vergangenen Wochen in den Sportarten Bob, Skeleton, Langlauf, Eisschnelllauf und Biathlon Sperren aus, darunter waren die Olympiasieger Alexander Subkow (Viererbob und Zweierbob), Langläufer Alexander Legkow und Skeletonpilot Alexander Tretjakow.

Geld, Macht und Propaganda

Das Österreichische Olympische Komitee wollte keine Stellungnahme abgeben. Es handle sich um ein wirtschaftliches und politisches Thema, es gehe um Macht, Propaganda und viel Geld, meinte hingegen Hans Spohn, Präsident des Eisschnelllauf-Verbandes. „Das IOC und die internationalen Sportverbände stehen unter dem Druck verschiedener Interessengruppen und werden letzten Endes gut beraten sein, nach ihren eigenen Werten zu handeln.“ Auch Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), erwarte hingegen ein hartes Urteil. „Die lebenslangen Sperren gegen russische Athleten scheinen ein ermutigendes Signal zu sein“, sagte er. „Ich erwarte eine Entscheidung, die konsequent und nicht zum Entsetzen der Öffentlichkeit sein wird.“

Was aber ist eine Sanktion für Staatsdoping? Der Ausschluss des Staates von je zwei Sommer- und Winterspielen? Ist damit aber das Dopingproblem gelöst? (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2017)

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